Das Benze-Rigg für Proas?Benze Rig for Proas (with some engl comments)
Als ich vom Benze-Rigg
erfuhr, hat es mir natürlich keine Ruhe gelassen: "Wie schafft er es, das tückische Bolger-Rigg in den Griff zu bekommen?" Die schlechten Erfahrungen von Dieter Schulz vor Augen, dessen kleine Proa ich übernommen habe, lassen folgenden Schluß zu:
Auf einer Proa sollte das Rigg allerdings etwas filigraner aussehen, als es der Erfinder auf seinem Trimaran realisiert hat. Das Ergebnis meiner ersten Überlegungen kann man unten sehen. My concept of a Benze rig for a proa
Der "Kontrollbaum" ist fest mit dem Mast verbunden. Auf dem Baum verläuft die Schiene mit den Schlitten zur Einstellung der Segelwölbung. Eine Endlos-Schot genügt zur Segeleinstellung.
Detail A: Die Schothörner sind längs zum Baum verschiebbar, um die Wölbung des Segels einstellen zu können. Ob mit Schiene oder Ring um den Baum ala Gaffel bleibt sich gleich, irgendeine preiswerte Lösung wird sich finden.
Nachfolgend ein Beitrag von Horst Duschek:
Hallo Othmar,
Das Segel eines Bolger- oder Benze-Riggs besitzt eine symmetrische Grundrissform und ist in der vertikalen Symmetrieebene drehbar aufgehängt. Das Segelprofil besitzt eine symmetrische Profiltiefenverteilung, d.h. die größte Profildicke liegt bei ca. 50 % der Profiltiefe, das man das Profil ja sowohl auf Backbord als auch Steuerbordbug verwenden möchte. Im Bereich dieser größten Profildicke liegt auch der Drehpunkt D des aufgehängten Segels/Flügels. Aus aerodynamischer Sicht ist ein solches Profil jedoch ein sog. asymmetrisches Profil (Halbprofil). Derartige Profile sind -auch aufgrund des flexiblen, sich unter Belastung deformierenden Segels- nicht druckpunktstabil. Zudem wird die bei Anströmung des Segels auftretende resultierende Luftkraft stets VOR dem Drehpunkt D, also zu dem Liek des Segels hin liegen, das aktuell als Vorliek fungiert. Als Anhaltspunkt kann man sagen, das die res. Luftkraft je nach Anströmwinkel des Profils auf ca. 20 - 40% der Profiltiefe liegen wird, gemessen vom Vorliek an. Je größer der Anströmwinkel wird, um so mehr wandert die resultierende Luftkraft Fres zum Vorliek. Als Folge davon wird stets ein Drehmoment M um den Drehpunkt D vorhanden sein, das versucht, das Profil weiter "aufzubäumen", also den Anströmwinle zu vergrößern. Aerodynamisch gesehen besitzt demnach nicht nur das Profil selbst einen Momentenbeiwert größer 0, sondern auch die gesamte Segel/Flügelanordnung an ihrer Aufhängung. Dies führt dazu, dass diese Profil- bzw. Segelanordnung instabil ist ("Aufbäumen"). Dies hat abhängig von der weiteren Ausgestaltung des Rigg nun folgende Konsequenzen. Zunächst einmal wird deutlich, dass ein solches Rigg in bestimmten Anströmzuständen nicht mehr durch eine einfache Schot zu kontrollieren ist, wie sie bei einem konventionellen Rigg im Bereich des Achterlieks am Profil (bei Betrachtung des Riggs im Profilquerschnitt) angreift und auf ZUG belastet wird. Zur Erinnerung: Bei einem konventionellen Rigg ist der Drehpunkt des Segels im Bereich des Vorlieks, der Segeldruckpunkt (eines einzelnen Segels) wird daher stets HINTER dem Drehpunkt liegen. Folge: um das Segelprofil gegen die Anströmung anzustellen, muß das Segel durch Zug auf die Schot dichtgeholt werden (Schot ist zugbelastet). Wird die Schot freigegeben, schwingt das Segel selbsttätig in einen Zustand eines geringeren Anströmwinkels zurück. Es besitzt daher insgesamt relativ stabile aerodynamische Eigenschaften. Ganz anders bei Bolger-/Benze Rigg. Aufgrund der oben beschriebenen aerodynamischen Instabilität läßt sich das Segel/Profil durch eine einzelne Schot, die im Bereich des Achterlieks/Profilhinterkante angreift, nicht mehr kontrollieren, das das Profil Zustände annehmen kann, in denen diese einzelne achterne Schot ENTLASTET wird. Will man das Segel/Profil stabilisieren,muß mit einer zweiten Schot am VORLIEK gearbeitet werden, denn diese kann das auf das Profil wirkende Momente (in der Skizze rechtsdrehend) kompensieren. Die vordere Schot ist hierbei zugebelastet und wirksam, die achterne Schot hingegen (nahezu oder völlig) unwirksam. Besitzt das Segel nun keinen oder keinen stabilen Großbaum (BOLGER), der das Segel in der Erstreckung des Unterlieks aufspannt, wird das Segel bereits bei relativ geringen Anström- bzw. Anstellwinkeländerungen und/oder Änderungen der Schotstellungen in sich zusammenfallen. Diesem negativen Effekt begegnet das Benze Rigg mit einem recht soliden Großbaum und zwei Schoten, die den Großbaum gewissermaßen wie an Zügel führen. Bei dieser Benze-Anordnung und -Segelführung wird man dennoch stets mit beiden Schoten ("Zügeln") arbeiten müssen, um das Segel bzw. das Rigg halbwegs stabil kontrollieren zu können. Die instabilen Profileigenschaften bleiben hierbei natürlich weiterhin bestehen, fallen subjektiv für den Segler aber weitaus weniger in das Gewicht. Will man die Großbaum-Lösung des Benze-Riggs vermeiden, müssen z.B. über entsprechend kreisförmig gebogene Schotschienen die vordere und achtere Schot bei Veränderung des Anström-/Anstellwinkels bzw. bei einer Veränderung der Segelstellung als solche stets mitgeführt werden. Hierbei ist sicherzustellen, dass BEIDE Schoten das Segel im Unterliekbereich stets in einem günstigen Angriffswinkel relativ straff zwischen sich aufspannen können (in der Skizze mit roten Linien angedeutet).
Eine weitere Möglichkeit wäre,
das Segel auf jedem Bug um seine Aufhängung am Segelkopf in Anstömrichtung
leicht nach achtern zu verschwenken, wobei Achterliek und der hintere
Bereich des Unterliekt nach oben wandern (z.B., indem die vordere in
Schiffslängsrichtung einen weiter achtern liegenden, möglichst fixen
Angriffspunkt an Deck oder an der Schotschiene erhält). Dadurch wird die
vertikale GESAMTdrehachse weiter zum Vorliek verlagert. Wird dies hinreichend
weit ausgeführt, ist es nicht auszuschließen, dass das Segel bzw. Rigg sogar
stabil wird ! Nachteil: umfangreichere Trimmarbeiten nach jedem Bugwechsel. Es
ist der Stabilität eines Bolger-/Benze-Riggs ferner zuträglich, wenn relativ
steife oder sogar fest vorgebogene Segellatten verwendet werden, denn auch diese
Verhindern ein Kollabieren oder ein dem üblichen Segeltwist genau
entgegengesetztes, unerwünschtes Verdrehen des Segels in sich. Fazit:
berücksichtigt man die aerodynamischen Besonderheiten dieser Riggkonfiguration,
kann ein durchaus funktionierenders Antriebsystem realisiert werden, das
besonders für Proas interesant erscheint. Auch auf Vorwindkursen können die
symmetrische Segelform und die Doppelschotführung ("Zügel") gewisse Vorteile
bringen. In der Gesamtbetrachtung sind diese Rigg aerodynamisch allerdings nicht
so günstig und bedürfen einer sehr überlegten Konstruktion und Segelführung.
So stellt sich das Problem des 'Bolger-Riggs' für mich dar:
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