"Panta Rhei" April 04von Traudl FilgisMit unserer Iroquois Fun Too fuhren wir von Südschweden über Rhein, Doubs und Rhone ins Mittelmeer. Vor 14 Jahren segelten wir von England über Brest, Biskaja und Gibraltar schon mal ins Mittelmeer. Nun sind wir wieder neugierig darauf. In Port Saint Louis stellen wir den Masten. Dann pfeift drei Tage lang wieder der Mistral. Er ist ein starker Nordwestwind und entsteht, wenn über Zentralfrankreich ein Hoch und über Italien ein Tief zieht. Die entstehende Luftströmung hat ihren Anfang im Rhonetal, faucht über den Golf von Lyon und kann Sturmstärke, in Böen bis zu 9/10 Bft. erlangen, reicht runter bis zu den Gebieten der Balearen und Korsika und diesbezügliche Sturmwarnungen soll man sehr ernst nehmen. Während dieser Zeit bastelt der Skipper, während ich für frische Wäsche, Lebensmittel und Hausputz verantwortlich bin, sowie die dritte Hand, um Schraubenmuttern gegenzuhalten und das in möglichst unbequemer Stellung. Die Boote um uns herum tragen lustige Namen wie "Asterix", "Obelix" oder "Idefix". .Am 25.4. fahren wir den Canal Saint Louis raus. Ein Bojentor führt zum Port Napoleon. Hier wollen wir unsere lagernde Post abholen und Nick Burton begrüßen. Er war es, der dieses Hafenprojekt vor 12 Jahren bei den Behörden mit viel Mühe durchsetzen konnte und der Markt hat ihm recht -egeben. Die Marina boomt. Nick ist vor 2 Jahren am Streß gestorben. Er wurde gerade mal 43 Jahre alt. Sorry. Wir fahren vorbei an Austernbänken am geschützten Sand entlang. Bald liegt die Weite des Meeres vor uns. Im Golf de Fos herrscht reger Verkehr mit Schleppern, welche Öltankern, Fracht -und Containerbooten zur Hand gehen. Qualmende Industrie-Schlote verpesten die Luft. Der Wind ist mäßig, trotzdem ziehen wir die Segel hoch. Was für ein Gefühl, ohne Motorlärm vorwärts zu kommen! Nach der Rundung des Cap Couronne liegt an der Cote Bleue zwei Stunden später Marseille vor uns. Auf dem 162 m hohen Kalkfelsen steht monströs die Kathedrale Notre Dame de la Garde, die von einer 10 m hohen Mariensäule gekrönt wird. Die Hafeneinfahrt wird von zwei eindrucksvollen Forts aus dem 17.Jh. bewacht. , Wir machen im Haupthafen, dem Wohnzimmer der Stadt, fest und verschwinden sofort in die historische Altstadt, wo ein Sprachgewirr und Geruchsgemisch herrscht. Die Fremdheit der Araber und Algerier fällt auf. Wir kaufen 2 kg entkernte Walnüsse. Als wir sie später öffnen, ziehen sich, zwischen kriechenden Maden, Fäden kreuz und quer, ein Leckerbissen für Fische und Möwen. Marseille ist die älteste Stadt Frankreichs und wurde schon 600 Jahre v. Chr. von den Griechen als Phocea gegründet, dann römische Handelsstadt. Heute ist der Halfen Pforte nach Afrika und dem Orient. Einen Katzensprung vom Hafen entfernt, liegt die kleine Insel d lf mit dem alten Schloß aus dem 16.Jh. und lange Zeit Staatsgefängnis. Hier ließ Alex. Dumas den "Grafen von Monte Christo" 14 Jahre lang im feuchten Verließ schmachten, bis er fliehen und sich rächen konnte. Vis a vis ist als Verbindung zwischen den Inseln Ratonneau und Pomeques der große Yachthafen von Frioul angelegt. Weiter, am Cap Crossis stehen große Inseln mit konfusen Kreuzseen dazwischen, die weder der Kat noch wir mögen. Die Felsen sind zerklüftet, tiefe Fjordschluchten, sogenannte Calanques, schneiden ein, münden in winzigen Stränden aus. In der Cala Miou verbrachten wir vor 12 Jahren herrliche Tage, geschützt, malerisch umgeben von alten Steinbrüchen. Und heute? Hunderte von booten, dicht bei dicht, ziehen sich den Fjord hinter. Den verträumten Ankerplatz gibt es nicht mehr. Wir flüchten weiter in Richtung La Ciotat, vorbei an vom Winde geformten bizarren Sandfelsen. Nach 11 Stunden bei westlichen 34 Windstärken laufen wir in Port Ciotat ein. Das Hafenbüro ist geschlossen. Den Stadthafen umgibt ein Ambiente von pittoresken mediterr. Villen und Restaurants. Die Kirche ist Museum geworden. Interressant ist der schmiedeeiserne Glockenturm, der einst vor Mistral warnte. Bougainvillea ergießen sich als Kaskaden in bunten Farben über Hausmauern. Die ganze Cote Blue ist geprägt von Tourismus. Vorbei an Bandol legen wir im winzigen Hafen von Iles Embiez an, machen einen Rundgang um die Befestigungsmauern, genießen ein paar Stunden Landgang. Nach dem Cap Sicle beratschlagen wir daß wir diesmal Toulon, den wichtigsten frz. Mililitärhafen des Mittelmeeres, nicht anlaufen und den guten Wind ausnützen, in Richtung Halbinsel Giens. Gegen 17 Uhr ist Flaute und so motoren wir über zwei Stunden zum Tagesausklang Die Halbinsel Giens ist voller Salzsalinen. Von weitem sieht die Silhouette aus wie eine Insel. Nach dem Feuer und dem kleinen Fährhafen liegt nach 12 Stunden Fahrt an steuerbord die Insel Porquerolle. Sie ist die Hauptinsel der drei Iles d Or, der "Goldenen Inseln". Sie liegen südlich von Hyere. Die anderen sind Ile du Levant (Militär) und Port Cros. Rund um die Inseln ist Naturschutzgebiet. Wir sind zum drittenmal hier und jedesmal mit einem anderen Boot. Mit einem Trailertri von 300 kg und 4 PS-Motor war es damals, vor 20 Jahren, ein großes Abenteuer, vorn gegenüber liegenden Festland hierher zu segeln! Du meine Güte, waren wir da Greenhorns! Vor 12 Jahren besegelten wir mit dem Sun Cat Fun Too die Gegend. Wieder spazieren wir zum Fort Agate hoch und staunen über die vielen neu angelegten samt Schutzgeländer. Und sind irritiert über den vielen Schwell, den Fähren und Motorboote ständig verursachen. Also flüchten wir per Segel rüber zur vorgelagerten Ile de Bagaud, die wir, von Süden kommend, entlangsegeln bis zur bucht von Ile Port Cros, mit pastellfarbenen Häuserreihen und hohen Palmen. Wo wir mal ankern konnten, liegt jetzt ein Bojenfeld von 25 Stück Bojen aus. Die Boje kostet für uns 10.-- Euro, der Steg 16.-- Euro, kürzeres Anlegen ist frei. Duschen werden gerade gebaut. Die Stelle in Stegnähe, wo täglich Kielyachten "strandeten" und sich oft mühsam runterwinschen mußten, ist ausgebaggert. Schade, wir hatten hier lustige Augenblicke erlebt. Alle zwei Stunden kommt eine Fähre mit hunderten von Touristen, es gibt einen kleinen Laden, die Post und einige gut besuchte Lokale und vereinzelt wird ein ganz kurzes Schwimmbad genommen. Aber bei einer Wassertemperatur von 16 Grad sind wir, ganz ehrlich,zu feige dazu. Auf dem mühsamen 'Weg rauf zum Fort Lestissac hören wir eine Nachtigall. Allmählich pfeift ein Oststurm von der Bergschneise runter mit 7/8 Bft. und der Regen gießt einen ganzen Tag wie aus Kübeln. Die leichte Fun Too schwingt an der Boje hin und her, bremst zitternd ab, ein Spielball der Natur. Im Paradies ist die Hölle los. -bei Süd- und Westwinden liegt man in der Bucht Port Man sehr geschützt, es gibt für uns sogar einen kleinen Landsteg, wo die Wassertiefe immerhin 1,2 m beträgt. Eigentlich liegen wir Cap Lardier an, doch der Südwind dreht auf Ost und so bringen uns die Wellen nach Port Cavalaire. Diesen kleinen Fischerhafen haben wir als Baustelle in Erinnerung. Die beiden Marinas bieten nun über 1 000 booten Platz, der Preis wird nach Breite berechnet, für uns 24,-Euro. hinweisend auf Vorsaison und nach Rabatt fragend, erhalten wir zur Antwort, Rabatt sei die Hauptstadt von Marocco. Die Hafenpreise im Mittelmeer sind auf Charterboote ausgelegt, wo man sie durch 6-8 Mann teilen kann. Wir gehen einkaufen, dürfen Fun Too am Warteponton lassen und sind entsetzt über den Rummel, das Gedränge, Autolärm und die Preise im Ort. In den Bars ist happy hour, der Alkohol fließt zum halben Prei und die Sonne macht durstig. Was solls. Der Vorrat ist aufgestockt und im Schutz der Hafenmauer ankern wir am Strand bei null Wind. Ein Hauch von Welle wiegt uns in den Schlaf. Heute erlebten wir ein Naturereignis. Abermillionen von kleinen Quallenkörpern von der Größe einer Münze waren ausgestattet mit einem hochgestellten "Segel" und ließen sich vom Wind, oft als dicker Teppich, treiben. Wir waren fasziniert von dieser Invasion durchsichtiger Gelantine. Dazwischen schwimmen lila Ringquallen. Mit Anmut pulsieren sie durchs Meer. .Am nächsten Tag herrscht Schönwetter, ein blauer Dunstschleier liegt über dem !leer der Cote d Azur. Das Boot ist total naß. "Südwest, bestens" Vorbei am Cap Lardier, Taillet, Camarat und dann der Golf von St. Tropez. An den Hängen Prunkvillen, pompös a la Hollywood. In den Passagen und Gassen lauter teure Boutiken. Im Hafen ganz vorne in der Paradelinie ist das Renomierbecken, ein exclusiver Spielplatz der Schickeria mit Cocktails am Tisch. Trotz Masse, die Boote haben Klasse! Es ist müssig, auszurechnen, wie viele Millionen Dollar hier liegen. Touristen bestaunen Yachten und Besitzer wie Tiere im Zoo. Die Reichen zeigen, was wirklich Luxus ist, denn Luxus, den man nicht sieht, ist keiner. Es gibt Luxusboote und Luxusgirls und man fragt sich, für wen mehr Liegegebühren bezahlt werden muß. Aber einige große Luxusyachten müssen vor dem Hafen vor Anker gehen. Sie könnten jeden Betrag bezahlen, um im Hafen einen Platz zu bekommen, aber eben der ist nicht mehr vorhanden. Die Cote platzt aus allen Nähten. Schon vor Brigitte Bardot war das hier eine alte See- und Fischerstadt, umgeben von Heidehügeln. heute, am 1. Mai wird eine Regatta im Golf ausgetragen. Vor 25 Jahren waren wir per Auto oben in Gogolin bei der Catania Werft, umgeben von Wäldern voller Maronenbäume. Port Grimaud war ein großes Sumpfgebiet voller Mücken und Großbaustelle um das provenzianische Fischernest. Und heute? Wie mit dem Zauberstab berührt, wurden künstliche Inseln erschaffen. Darauf Häuser mit Rundziegeldächern, geschwungene Brücken und dazwischen Erker, Laubengänge, geschmückte Balkone. Restaurants und Bars haben so viel künstliche Patina, was den Eindruck erweckt, aus dem Mittelalter zu stammen. Dazu ein wehrhafter Torturm. Es gibt für uns ein unüberschaubares Gewirr von Kanälen, so daß hier jeder sein Schiff direkt vor dem Haus festlegen kann. Der Hafen ist malerisch und knackvoll und man frägt sich, wo die vielen Leute das viele Geld herhaben. Heraklit aus Ephesus hatte mit seinem "Panta Rhei" schon recht: "Alles fließt, nichts steht still". Die Gegend bei Saint Raphael ist zugebaut und sieht aus wie Antalya oder Torremolino. Der ganze Charm der Landschaft ist zerstört. Schade um die Cote, die blaue Küste, die einst Herrschende anzog und heute vom Massentourismus beherrscht wird. "Forum Julii" war der führende Marinehafen der Römer. Die schnellsten Schiffe der Antike wurden auf seiner Werft gebaut. Neben Port Frejus liegen die drei Marinas von Saint Raphael. Mit dem Trailertri Dragonfly ankerten wir hier mal geschützt vor einem Ostwind mehrere Tage. Damals war die Natur hier noch in Ordnung. SW 4, die Segel sind zu Schmetterlingstellung ausgebaumt, so lassen wir mit 5-6 km die Cote d Azur "links liegen". Auf Gegenkurs paddelt eine Schildkröte vorbei. .Das Ziel kommt näher, die beiden Lerin-Inseln Sainte Marguerite und honorat, 5 sm vor Cannes gelegen. Auf Marguerite steht ein altes .Fort aus dem 17.Jh., von Vauban zur Festung ausgebaut, einst Staatsgefängnis mit dunklen Verliesen. Auf der Nachbarinsel Honorad gibt es eine Zistersienser Abtei mit dazugehörigem kleinen Versorgungshafen mit 1 ' 4-2 m Tiefe. Auf den Schutz bei den Padres freue ich mich schon seit der Rhone mit den diversen Hafendebakeln. Mit der Dragonfly entdeckten wir vor ca 18 Jahren diese sichere Oase der Ruhe und Einsamkeit. Als wir uns jetzt abends dem Sund nähern, trauen wir unseren Augen nicht, denn da ankern an die dreißig Motor- und Segelyachten, ein Schlitten größer wie der andere. Unsere Fun Too hingegen nimmt sich sehr bescheiden aus. Der kleine Hafen ist voller Motorboote im Päckchen, also ist Ankern angesagt. Am nächsten mittag leert sich das Hafenbecken und Fun Too kann in seinem Schutz festmachen, denn es sind Ostwind 8, in Böen 9 Bft. vorhergesagt. Zu unserem Empfang ertönen die Glocken der Abtei und die Fasane sind immer noch Schreihälse. Es gibt frisches Trinkwasser und viele 'Wanderwege quer und rund um die Insel. Es wachsen Wein und Olivenbäume und ganz viel Lavendel. Seit einigen Jahren legt alle zwei Stunden eine Fähre an, die jedesmal viele Leute mitbringt und mit der einstigen Beschaulichkeit ist es nun tagsüber vorbei. Im großen Verkaufsladen der Abtei gibt es religiöse Dinge, aber auch Honig, Parfüms, Seifen, Lavendel und Insellikör von den Padres hergestellt, zu erstehen. Der Nordost bläst kalt, die Feuchtigkeit geht durch Mark und Bein, das Wetter verschlechtert sich sehr. Und aus dem trockenen Vormittag ist ein regennasser, trüber Tag geworden. Schietwetter eben, wo die Konturen in der 'Waschküche untergehen. Das Balearen-Sturmtief, aus Marocco kommend, bringt 8 Bft. Oststurm, Dauerregen und sehr hohen Schwell in den kleinen Versorgungshafen. Dazu ist Vollmond. Das Wasser steigt unaufhörlich, dann ist die niedrige Beckenmauer überflutet, die Fender schwimmen nutzlos auf. Der Kat ist so angebunden, daß er auf der Stelle bleibt und wir haben lange bange Stunden unter Sturmgeheule durchzustehen. Am Abend des dritten Tages dreht der Wind endlich und wir können im Regen das Tor aus dieser Mause--"alle verlassen. Fun Too ist saharasandgelb, aber heil. Auch Paradiese sind vergänglich. In Cannes heißt die elegante Straße Croisette. Es parken teure .Autos im Parkverbot vor noblen Restaurants. Eine große Palmenallee steht vor eleganten verschnörkelten Fassaden mit altem Glanz aus der Zeit der Belle Epoque. Cannes. Heute mondänes Seebad und Lebensabend vieler betuchter Rentner. In 2 Wochen werden hier die 57. L'i-'ilmfestspiele glanzvoll eröffnet werden, wo man um den Preis der "Goldenen Palme" zum Kampf antreten wird. Cannes heißt übersetzt "Schilfrohre" Im einstigen Schilfsumpf lebt es sich heute bestens. Doch alles hat seinen Preis und der ist gesalzen.. Überall blüht die Natur, Platanen und Ahornbäume. Es gibt kostbare Gärten und einen japanischen Park, dazu Beete voller seltener Blüten. Uns fehlt am Kai die "Neptune", Vor 20 Jahren drehte Roman Polanski das Filmspektakel "Piraten" hier mit dem Nachbau einer Galeone als Sklavenschiff. Die Heckaufbauten waren gewaltig hoch und unter dem Bug prankte eine Gallionsfigur. Damals sahen wir den Hauptdarsteller Walter Matthau mit Augenbinde und Piratenkopftuch agieren. Der Film wurde kein Erfolg, vielleicht hätte auch noch sein Spezi Jack Lemmon mitspielen sollen? Und die Natur spielt weiterhin verrückt. Windstärken mit 6/7 Bft, in Böen 8/9 aus diversen Richtungen schon seit Tagen. Es kachelt ein unverwüstlicher Mistral, hier meist als Fallwind, der von ziehenden Gewitterfronten für ein paar Stunden überlagernd abgelöst wird, um sofort von Nordwest weiter zu toben. Wenigstens scheint seit zwei Tagen die Sonne wieder. Zwischen Port Napoule, 4 sm vor Cannes und Port Theoule, 1 sm entfernt, liegen wir tagsüber vor Anker, im Golf Napoule, der bis zu den Lerininseln (Padres) reicht. Zum Greifen nahe erhebt sich die Gebirgskette der Seealpen. Blendend weiß im Sonnenlicht liegen die 2.000 m hohen Gipfel voller Neuschnee der letzten Tage. Von Elba heimlich zurückgekehrt, stieg Napoleon 1815 oberhalb Cannes, im Golf v. Juan, an Land. Eine Gedenktafel zeugt davon. Von dort aus geht die N85 "Route Napoleon" über Grenoble nach Paris. Neben uns erhebt sich "sein" Chateau Napoleon. Es ist eindrucksvoll, wie die ganze Gegend. An den Berghängen stehen ockerfarbene Villen, Schmuckkästchen mit Panoramascheiben, Verrücktheiten, Palästen, elegante Jugendstil-Hotels und bieten ein einmaliges Panorama, durchsetzt mit kleinen Pinienwäldern, Palmen, Zypressen, Libanonzedern, blühenden Sträuchern und vielen Arten von Agaven, so wie großartig angelegten Gärten, Die alles überragenden Gamestrees wurden einst als Setzlinge von Australien eingeführt. Zu Beginn des 20.Jh. war die Gegend Anziehungskraft für den Europäischen Adel. Wir spazieren an einigen Golfplätzen vorbei, die von berühmten Architekten gezeichnet wurden. berühmte, talentierte Spieler fliegen ein via Flughafen Nizza Cote d Azur, dem zweitgrößten internationalen Flughafen Frankreichs. Er wird auch anderweitig fleißig frequentiert, denn 1 000 Seminarsäle warten auf Leute, welche das Luxusleben an der Cote steuerlich absetzen können. Man wird ja noch das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden dürfen? Wo die Luft lau ist, der Wein mundig und die herrlichen Bougainvillea-Blüten über weißverputzte Mauern sich ergießen. Die Cote d Azur, blaue Küste, das Meer, ist allgegenwärtig. Auf engem Raum liegen 33 Häfen verteilt. Alle sind übervoll, auch die größten mit 1200 Liegeplätzen. Wehe, wenn sie losgelassen!! Wir dürfen mal am Warteponton, mal an der Tankstelle der Marina Port Napoule festmachen, um einkaufen gehen zu können. Man ist der kleinen Iroquois gegenüber sehr großzügig, was nicht selbstverständlich ist. Vorgestern ist es uns passiert, daß wir 10,-- Euro bezahlen sollten, falls wir zum Einkaufen anlegen wollten. Das Prinzip Leistung und Gegenleistung stimmt da nicht! Alles platzt aus den Nähten, es ist einfach kein Platz mehr vorhanden. Vor 20 Jahren hier mit unserer 6 m breiten Dragonfly war Platzmangel kein Thema. Große Segel- und Motoryachten müssen ankern, Kreuzfahrer sowieso. Dazwischen kreuzen Kleinfähren mit Touristen hin und her. Diesem Hafenangebot stehen über 3.000 Restaurants gegenüber. Sie reihen sich praktisch nahtlos aneinander. Überall ragen weiße Servietten auf Tellern in die Höhe wie Karnickelohren. bekämen wir hier einen Hafenplatz, müßten wir über 30,-- Euro bezahlen. Nachts liegen wir an einem Verladekai. Jede Nacht werden wir geweckt, weil Fischfutter für die nahe Fischzucht verladen und Frischfisch angelandet wird. Nach einem Gespräch mit einem eben aus Sardinien kommenden Segler werden wir unterrichtet von den dort explodierenden !'reisen und Überbelegung der Häfen auch dort. Da wir nicht Rosen züchten wollen, sondern in Ruhe segeln, stellen wir Überlegungen an. Entweder - Oder. Entweder wieder in die Türkei zurück und wie gehabt, wieder zwischen Ayvalik und Mercin auf und ab zu tigern. Oder: zurück zum Schwedensommer, wo die hellen Tage lang sind, die Preisgestaltung der Hafengebühren moderat geblieben ist-,und der Wetterbericht zuverlässiger. Daß es aber auch kälter sein würde, ist uns schon klar, aber dann kann man ja im Winter in die Sonne fliegen. Wie hat der alte Schwede in Avignon gesagt? "fahrt selbst hin und seht selbst..". Vom Hafenbüro haben wir es schriftlich, daß am nächsten Nachmittag der Mistral aufhören und der Wind auf SSE drehen soll. Erleichtert studieren wir die Seekarte, wir wollen zurück nach Marseille. Nach St. Maxime sind es nur 13 kurze Seemeilen, das ist in 2-2,5 Stunden zu schaffen, denn die Iroquois läuft gut. Nach gut einer Stunde Aufkreuzen umrunden wir das Seezeichen Le Retienne, welches das große Riff und Kleinschrott anzeigt. Den Himmel überziehen einige riesige Amboßwolken und der Wind dreht tatsächlich auf Ost, aber nur mit 2 Windstärken, was aber die Wellen, aufgetürmt vom dreitägigen NW-Mistral, gar nicht bewegt, sich zu ändern. Im Gegenteil, mit achterlichem Wind, müssen wir gegen die Gegenwellen ankreuzen. Verrückt. Nach 30 Minuten "das wars dann wohl, da vorne ist schon wieder alles weiß vom Mistral". Mühsam kreuzen wir gen St. Raphael-Golf. Es folgt eine Strecke von 3 sm mit Halbwind von 6 Bft über den Golf und dann, ja dann kam der Sturm. Einfach so. Sofort ein Reff ins Groß gebunden und Motor runter und an. Rundum fliegt das Wasser. Die Segel schlagen am Rigg. "Mein Gott, wenn nur nichts kaputt geht." Der 9,9 PS AB Yamaha tut sein Äußerstes in den kurzen, steilen Wellen, mal ausgetaucht in der Luft, mal eingetaucht im Schaum der geköpften Wassermassen. Wir versuchen, ein paar Meter abzufallen oder anzuluven. Der Hafen ist nur noch 2.5 sm entfernt, die Masten zeichnen sich als schwankender Wald in Streichholzgröße ab, und es wird noch 2 1/2 Stunden dauern, bis wir mitten drin sind und dieser geballten Energie entkommen. Der Skipper gleicht am Ruder aus, läßt die Fock flattern, holt sie wieder dicht, ebenso mit der Großschot. Wie ein Kutscher hält er die Zügel, damit der Gaul nicht durchgeht. Dabei beißt er mit dem Unterkiefer ständig in seinen Schnauzbart, was er vorher noch nie gemacht hat. Fun Too wird der ganzen Länge nach aus dem Wasser geschmissen, kracht runter, erzittert, immer wieder, immer wieder. Eigentlich müßte ich in Panik geraten, denn zum Atmen bleibt die Luft manchmal weg, vom Winde verweht. Dagegen war der Mistral auf der Rhone ein zamer Windhauch. Ich bin ganz ruhig. Paralysiert konzentriere ich mich auf Nebensächlichkeiten, um dem Inferno rundum mental zu entgehen. Detailliert beobachte ich Wolkenfetzen, versuche, in ihnen Tiere oder Gegenstände zu deuten. Im Zeitlupentempo lösen sie sich auf oder werden zu ovalen, langgezogenen "Zigarren". Meistens starre ich nur geradeaus, bis mich ein nasser Klatsch aus Salzwasser ins Gesicht ünd Haar wieder in die Wirklichkeit zurück bringt. Der Wind trocknet sofort die Brille, die salzgrau wird. Ich schlecke sie wieder und wieder ab, es ist besser als nichts. Leicht aufkommende Seekrankheit, Übelkeit, vergeht, als ich mir suggeriere, das kann ich mir in dieser Situation nicht leisten. Der Skipper probiert unermüdlich weiter mit viel Konzentration, uns auf den beiden Kufen zu halten, damit ja keiner abhebt, denn das wäre das Ende, in diesem vor Kraft strotzenden Wahnsinn rundrum. Das geht jetzt schon eine Ewigkeit so, scheint es. Neben uns dümpelt eine Möwe in aller Seelenruhe wie ein Korken im Wasser. Endlich sind die großen Seezeichen auszumachen, 'les Sardinaux" und das Licht mit Zeichen "südlich vom Grund", welche das großflächige Riff markieren. Das Boot stampft sich fest und versetzt uns mehr und mehr in die Richtung der Untiefen. In mir bricht kalter Schweiß aus, der Mund ist längst trocken. Ein Blick auf das Log: 1,1 sm, 0,7 sm, 0,2. Ich schaue zu den Ruderblättern und überlege gerade, ob wir vorwärts oder rückwärts fahren und sehe zum Skipper. Ist da Verzweiflung in seinen Augen? Er leistet physisch und psychisch Schwerstarbeit. "Ich bin nur total erledigt, da halt mal das Ruder fest, die Segel müssen runter". Es ist fast egal, wohin ich drehe, wir stehen auf der Stelle, trotz Vollgas vom Motor. Der Kat steigt hoch wie ein Pferd, das ansetzt, über den großen Graben zu springen. Weit draußen fährt eine Luxusyacht gen St. Trozez. Sie kämpft wie ein Schneepflug gegenan. Drüben vor dem Hafen von St. Tropez ankern viele Prachtstücke ungeschützt, im Hafen ist kein Platz für sie, alles ist überbelegt. Sturmböen treffen uns wie eine Mauer. Der Skipper birgt die Segel, zurrt sie fest und als er beim Runtersteigen vom -Dach aus dem Gleichgewicht geworfen wird, verletzt er sich an der Winsch das Knie, welches sofort anschwillt. Er übernimmt wieder das Steuern, fällt zuerst gefährlich weit ab, wobei Fun Too wie eine Feder über die Wellen rutscht. Und siehe da, ohne die Segel kommt wieder Fahrt in die Kiste. Für die letzten 1,5 sm benötigt der brave Motor auf Umwegen 2 Stunden, aber in die richtige Richtung. Von Land her macht sich lee bemerkbar, die Wellen werden niedriger und endlich stehen wir vor dem Hafen. Am Molenkopf steht "Port Saint Maxime". Die Einfahrt ist genau gegen NW, also die überwiegende Hauptwindrichtung, offen. Unfaßbar, man glaubt es nicht. Für eine Ehrenrunde ist also keine Zeit zwischen all den Booten. Genau vor uns liegen 2 Yachten, 20 m und 15 m lang. Dazwischen sind 5 m Freiraum und ehe wir uns versehen, gleitet die kleine Iroquois dazwischen. 20 cm vor dem Kai stoppt uns unser Rückwärtsgang. Wartende, hilfreiche Hände greifen sofort und gekonnt zu und der kleine Kat liegt, an allen 4 Ecken fest zwischen Ketten und Festmachern und rundum knattern die ?laggen und singt der Sturm seine hohe Oktave in den Riggs. Die Nachbarn zollen uns alle Anerkennung. Wir erzählen, daß wir vor 2 Stunden am Handwindmesser über Deck 45 km gemessen haben. Falsch!, werden wir aufgeklärt, die Elektrogeräte an ihren Masten zeigen noch immer 50/51 kn an, gute 9 Bft! Wir gehen unter Deck. Fun Too ist versorgt, jetzt können wir an uns denken und umarmen uns zitternd. "Nur ruhig, es -ist ja vorbei, es ist vorbei". Wir haben es geschafft. Statt 2 1/2 Stunden waren wir 8 1/2 Stunden unterwegs, die letzten drei Stunden unter härtesten Bedingungen "da draußen". Ich habe so etwas noch nie erlebt und will es auch nie, nie wieder erleben müssen. Man möchte doch nur in Ruhe segeln können, ohne daß man dabei aus den Schuhen gekippt wird und Wind und Wellen anschreit "Merde, merde, merde!" Die Iroquois mit ihren 3 t ist ein leichtes, stabiles Boot, das sich tapfer gehalten hat. Natürlich erlebt man auf so einer Nußschale und 9,9 PS diese Bedingungen ganz anders als z.Z. unser Nachbar mit 20 Meter Stahl-Länge, 20 t Gewicht und starkem Diesel. Die Fender knarzen, die Festmacher rucken, das Rigg heult, als ich in die Koje krieche und feststelle: Ehe ist nie ein Letztes, sondern Gelegenheit zum Reif werden.Während der Skipper nachts 2 x draußen einen Kontrollgang macht, schlafe ich 11 Stunden durch. Am nächsten Tag flaut der Mistral ab auf 5/6 Bft. Wir sind im "Port Public" gelandet, das Büro ist am Wochenende geschlossen, niemand wird abkassiert, die öffentl. Duschen kosten 2,-- Euro. 2 Tage nach dem Mistral ist Motoren angesagt. Nach 36 sm erreichen wir Hyere Stadthafen, der neu ausgebaut wird. Der Hafenmeister bedauert "Port ferme", auch im Nebenhafen ist für uns kein Platz. Wieder einmal. Das war hier sogar vor 10 Jahren noch anders. Also hängen wir noch eine Motorstunde dran und ankern vor der Insel Porquerolle neben 22 anderen Ankerliegern. Noch ist die Umgebung idyllisch. Wie wird es hier im Juli aussehen, wenn Frankreich Urlaub macht und sich die 33 Häfen der Cote d Azur leeren, um hier her zu pilgern. Ob da die Ankerplätze ausgelost werden? Im Hafen müßten wir als Katamaran für 9 m 34 Euro bezahlen. Mit hochgezogenen Segeln plus Motor gehts gen Westen, den leichten Ostwind ausnutzend. "Wo sind die ganzen Flipperschulen, die uns hier sonst so lustig umspielt haben?" "Vermutlich verhungert, das Meer ist doch leergefischt." Panta Rhei, nichts ist mehr, wie es einmal war. Alles unterliegt der Veränderung, nicht immer zum Guten. Während der Fahrt wandern meine Gedanken zurück und verarbeiten das Sturmerlebnis von vorgestern und noch weiter zurück. Als ein schwedischer Rah-Klipper, mit Salpeter für Düngemittel beladen, von Valparaiso, westlich von Santiago de Chile kommend, Kap Hoorn runden mußte. Der Panamakanal wurde erst 1914 in -betrieb genommen. Wie es damals zuging, hat der schwedische Dichter Gustav Fröding in einem Gedicht festgehalten: Das Meer, es bebt, der Sturm, er schreit, die Wogen rollen grau und weit "Ein Mann ist über Bord gespült, Kapitän". "Ach so?" "Noch könnt Ihr sein Leben retten, noch wär Zeit" die Wogen rollen grau und weit. "Noch kann eine Leine ihn erreichen, Kapitän". "Ach so?" "Jetzt ist er gesunken, nichts mehr von ihm zu sehn". "Ach so?" Das Meer, es bebt, der Sturm, er schreit, Die Wogen rollen grau und weit. Damals war die Zeit, die es gekostet hätte, einen Rahsegler zu stoppen, kostbarer als ein Matrosenleben. Bei uns an Bord gibt es auch heute wieder eine kleine Aufregung. Der Skipper ißt im Salon, kommt raus, um an der Segelstellung zumzuzupfen und dabei fällt ihm das unnatürliche Geräusch des Motors auf. Der raucht ganz weiß und der Kühlwasserstrahl fehlt. Hochgezogen, wird eine große blaue Plastiktüte vom Schaft entfernt, welche die Kühlwasserzufuhr abgewürgt hatte. Haube entfernt, es zischt und zischt. Nach 10 bangen Warteminuten ist Fun Too wieder mobil und unterwegs. Glück gehabt. Gegen abends haben wir Marseille querab als Häusermeer weißgrau im Halbzirkel der Bucht und die Anhöhen hinauf. Deutlich hebt sich am Hügel die Notre Dame ab. Wir queren rüber zum Ende der Bucht Richtung RhoneSt.Louis. Genau hinter dem 34 m hohen Leuchtturm von Cap Couronne, dessen Licht 20 sm weit reicht, liegt der kleine Fischerhafen Port Carro. Der Himmel hängt voller tiefer Regenwolken. Wir hoffen, daß es die letzten 2 Stunden noch trocken bleibt. Die feuchte Luft ist naßkalt und läßt uns frösteln. Nach 55 sm und 10,5 Stunden sind wir am Ziel in Carro. Bald herrscht im Boot wohlige Wärme. Die ganze Nacht prasselt der Regen auf das Dach und der Schwell legt sich im Hafen. Unser Boot würde per Nacht 12,-Euro kosten, der Hafenmeister ist schon weg. Die schriftlich angeschlagene Windvorhersage ist perfekt: NE 4. Um 7.30 stehen die Segel - an einem reinen Nord. Sie ziehen uns zur Rhonemündung. Von den Raffinerieanlagen im Golf v. Fos steigt Rauch hoch. Die Mündung fängt am Seezeichen Roustan an mit weitläufigen Sänden, auf dem 3 Trawler ihr Geschirr schleppen. Vor kilometerlangen weißen "Strichen", die weit als sichtbare Barren ins Meer laufen, brechen sich die 'Wellen. Der dazugenommene Motor spürt den Widerstand von der Strömung. Die "mittlere Sicht" läßt die Seezeichen Plemansen und Faraman erst sehr spät erkennen. Loch wozu hat man den Blindenhund GIPS an Bord?. Motor wieder aus. Obwohl Fun Too unter Segeln 6,2 kn über Grund nacht, bügelt die Rhone das Meer spiegelglatt. Nur an den Auftriebskörpern der Reusen(Kanister) ist die starke Strömung zu erkennen. Bei Arles oben teilt sich der Strom in zwei Arme, in die Kleineund in die Große Rhone. Das ergibt, bildlich gesehen, ein breites Dreieck als Delta, welches Camargue heißt. Liese beiden Wasserarme bringen täglich und besonders bei Hochwasser, Material mit, welches sich schließlich als Sand ablagert. Dieser Sandgürtel zieht sich ca 100 km der Küste entlang und reicht vom Golf v. -2os im Süden bis hoch zum Golf v. d Aigues Mortes. Besonders bei auflandigem Wind ist es ratsam, respektvollen Abstand zur Küste zu halten. In der Karte sind viele Wracks eingezeichnet. Zwischen den beiden Wasserarmen hat sich an Land ein einzigartiges Ökosystem gebildet: versumpfte Strandseen, Dünen, Ebenen, Teiche. Dieses Gebiet ist die Heimat vieler Vögel, Enten und anderer Tierarten, welche immer hier leben oder als Zugvögel nur begrenzte Zeit bleiben. Die diversen Gebiete werden genutzt zum Fischfang mit Reusen und Stellnetzen, als Schafweide und für die Stierzucht. Letztere sind Nachschub für die Stierarenen. Besonders schöne Anblicke bieten die Flamingos, wie sie, auf hohen Stelzbeinen stehend, mit den es-förmigen langen Hälsen mit breiten Schnäbeln rote Krebstierchen aus den Fluten sielen. Von dieser Nahrungskette hat ihr weißes Federkleid einen rosa Schimmer bekommen. Auch die Enten bieten eine wunderschöne Vielfalt von Arten und sind sehenswert. Die Pferde leben das ganze Jahr über wild, haben aber Besitzer. Die Pferde können gemietet werden, teils zum Reiten, teils vor Wägen gespannt, um die Gegend besser erkunden zu können. Großflächig sind der Reisanbau und die Salinen, so wie Muschelbänke. Von all dem sieht der Segler nichts. Man muß ein Auto mieten und sich das ansehen. Wir taten dies von Port St. Louis aus. Es war ein schönes Erlebnis. Mittags sind wir am querabliegenden Ort und Hafen St. Maries de la Mer, dem legendären Zigeunertreffpunkt. Die nachfolgende Strecke ist eintönig und zieht sich stundenlang hin. Endlich zeichnet sich die Boje Les Baronnets aus dem Dies als kleiner schwarzer Strich gen Himmel ab. Allmählich ist Pointe de 1 Aspiguette gerundet. Es ist ein Slalomlauf zwischen den ausgelegten Reusenfähnchen. Die Marina Port Camargue bleibt achteraus. Jetzt werden wir von acht möwenumschwirrten großen Trawlern in die Zange genommen. Wenn die wüßten, was für eine Schaukelei und Segelschlagen sie verursachen! Nun auch dieser .Kelch geht vorüber. Dafür steht ein rabenschwarzes Gewitter über uns. Ein Wettlauf mit den Tropfen beginnt. Wir werden momentan Sieger. In Port Le Grande Motte, wo fast ein jedes Haus einer Pyramide gleicht, ist innen, genau vor dem Hafenbüro, noch Platz für uns frei. Wir legen an, machen fest, ziehen die Dachluke zu und keine drei Minuten später bricht der Regen los, unterbrochen von Donnergrollen. Liegegebühr plus 150 % Katzuschlag macht 24,-- Euro. Die Duschen werden umgebaut. Alternativkabinen sind 1 km Fußmarsch entfernt. Und wie ist das Fazit dieses Segeltages? Der lokale Wetteraushang in Carro, so wie die Deutsche Welle am 12.5. sagten das gleiche: " NE - E 3-5, mittlere Sicht, später Schauer." Als wir nach 50 sm und 9 Stunden im Hafen sind, liegen 2 112 Stunden tatsächlich gesegelte Zeit hinter uns. Der Motor lief 6 112 Stunden, teils solo, teils im Duett mit den Segeln mit. Wind: zuerst N 3, ca 3 Stunden lang, gefolgt von Flaute, Südwind 1 und stärker werdender Westwind mit Gewitterfront. Das ist z.Zt. das reale Segeln im Mittelmeer. Das Ganze ist ein Lotteriespiel, was im Extremfall als Sturm enden kann, der weder aus dieser Richtung noch in dieser Stärke angesagt war. Außerdem ist es ein großes Manko daß die Deutsche Welle am Wochenende, wo die meisten Sportler unterwegs sind, diverse Wetterberichte ausfallen läßt. W a r u m ??? Hier reihen sich momentan die afrikanischen Tiefs aneinander wie Perlen an einer Schnur und somit ändert sich die Wetterlage ständig. Nächster Morgen. "Weil nur der Mistral schon wieder weht, es ist unglaublich". Ein MaroccoAlgerien-Tunesien-Sizilientief zieht immer Richtung Italien und braucht zum Auffüllen Luft. Nach fast 400 km nonstop in 4 Tagen gönnen wir uns einen Ruhetag. Es ist Freitag, wir wollen weiter, binden los. Der Motor springt sofort an, um nach einer Minute stehen zu bleiben. Mittels der beiden Bootshaken ziehen wir uns zu unserem alten Platz zurück. Was der Käpten auch versucht, der Yamaha bleibt stumm und wir haben wieder ein Problem. Unser bestes Stück, der Motor, macht seit der Plastikgeschichte von vor 3 Tagen nicht mehr richtig mit. Nur mit Vollgas ist sein Einsatz möglich. Der Yamaha-Händler hier in Gran Motte kann Ersatzteile zum kommenden Mittwoch/Donnerstag besorgen. Bis dahin müßten wir schon allein 200,-- Euro Liegegebühr berappen. Vorsichtshalber baut der Skipper einen neuen Filter ein. Dann beratschlagen wir: Sete können wir unter diesen Umständen vergessen. Der Skipper hat eine gute Idee, aber alles muß ganz genau abgestimmt sein, damit es auch durchführbar ist. Wenn gegen 18 Uhr die große Flotte der Fischer heimkommt ' um nach Grau du Roi in ihren Fischerhafen einzulaufen, wird extra für sie nach einem kurzen Kanalstück, das die Stadt teilt, die Schwenkbrücke geöffnet. "Das ist unsere Chance". Also fahren wir abends gleich vom Steg weg mit Vollgas ab zum Golfende und heften uns an einen möwenumkreisten Trawler. Durch die nun abgedrosselte Fahrt bleibt der Motor tatsächlich stehen. Vor und hinter uns ein Trawler, unmittelbar neben uns liegen die algenbewachsenen Quadersteine der Einfahrtsmole. Mein hochschießendes Adrenalin wünscht sich vom Kapitän inständig eine Idee, wie Newton sie hatte beim herabfallenden Apfel. - Und er hat sie!! Neuerlicher Start und Kommando: "So, jetzt bist Du die Benzinpumpe". Mit dem Bauch über die Cockpitbrüstung, den Kopf nach unten hängend, pumpe ich mit der Faust per Gummiballvorrichtung das benötigte Benzin zum Motor, wie das Herz das Blut in den Kreislauf. Ich sehe weder Grau du Roi, noch die vielen Menschen auf den Ausflugsbooten, noch die Brücke. Nach ein paar hundert Metern merke ich nur, daß der Motor gewollt auf einmal stoppt und sehe Skippers Fußsohlen springen. Dann hängen wir an einem Boot fest. Ruhe. Ich richte mich auf. Nach der wohl geordneten, nüchternen, langweiligen Rhetortenmarina "Grande Motte" ist der Anblick hier das reale Leben. Es ist eng, es stinkt nach Fisch, nach Diesel, nach Abgasen. Es herrscht Gedränge und Betrieb! Dies hier erinnert an die Häfen von Nordspanien und Portugal am Atlantik. La Grau ist ein bedeutender Fischerhafen und ist richtig zum Wohlfühlen. Es gibt Pötte aller Größen, Sorten und Preisklassen, teils liebevoll renoviert, neu, gepflegt oder heruntergekommen. Ausflugskatamarane, die bis zu 75 Personen mitführen können, schieben sich an niedrigen, motorisierten Arbeitsplattformen vorbei, überall rangiert man gefährlich nahe, aber gekonnt. Fun Too hängt im Päckchen als 3. Boot bei einer Werft. Um die Ecke ist der kleine Yamahabetrieb. Eine Dichtung hat auch er nicht. Aber da steht ein AB, 3 Jahre älter als unserer. Der Skipper redet wie zu einem kranken Gaul. Dann tauscht unsere kaputte Pumpe den Besitzer, wir erhalten vom da zur Reparatur stehenden Motor die perfekte Pumpe, dazu zahlen wir 20,-- Euro. Nach fünf Minuten Einbau der Benzinpumpe läuft unser Motor, voi la, wieder wie ein Glöckchen. Also, wenn jemand diesbezüglich zwei linke Hände hat, läßt er lieber die Finger von allem, was Boot heißt! Nach einem ausgiebigen Bummel durch Grau du Roi und Supermarktbesuch "Super U" , 300 m entfernt, sitzen wir entspannt im Cockpit. Gegen den orange gefärbten Abendhimmel hebt sich eine Formation Flamingos ab, die aus dem nebenan liegenden Etang gestartet sind. Wunderschön! Samstag, o8.15 Uhr ist Öffnungszeit der nächsten Brücke. Ein 7 km langer Kanal führt nach Aigues Mortes, in der Camarque. Auf dem Kajütdach stehend, geht der Blick über die Weite des Etang, eine teils wasserbedeckte Ebene, wo weißrosa Flamingos im 10 cm flachen Wasser nach Nahrung suchen, oder mit schwarzen Flügelspitzen in die Luft entschweben. Während links Wein auf Feldern wächst, dehnen sich rechterhand Salzgewinnungsflächen, teils noch als Wasseroberfläche, teils schon zu grauem Salz verklumpt. Es ist die "Salins du Midi", denn die Camargue ist Frankreichs Hauptort der Meersalzgewinnung. Es heißt, die ersten Salinen stammen schon aus dem Altertum. -üie "Salins d Aigues Mortes" erstrecken sich über 11.000 ha unkultiviertes Land. Dort zirkuliert das Meerwasser, nach dem es angepumpt wurde, 5 Monate lang. Die Salzkonzentration erhöht sich immerzu und ermöglicht somit die Kristallisierung auf den Salzplatten. Das "geerntete" Salz wird auf Salzbergen von 400 m Länge und 200 m Höhe gelagert, an denen Fun Too vorbeimotort. Als erstes sehen wir den hohen Rundturm, dann die Stadtmauer von Aigues Mortes. Es gibt genügend Stege und Bojen für Besucher. Liegegebühr 22,-Euro für 7-11 m Bootslänge. Unsere bezahlten Übernachtungen auf der ganzen Reise verstehen sich auf eine Länge von 9 Metern. Wir waren vor Jahren per Auto von Port St.Louis schon einmal hier. Im Zusammenhang mit den Kreuzzügen gegen Jerusalem, wird 1240 für den Papst Innozenz IV und dem König Louis IX die Gegend vom heutigen Grau du Roi und Aigues Mortes wichtig als Einschiffungshafen und Zugang zum nahen Mittelmeer. Hier gab es großflächige Lagunen und weite Moore, die durch Kanäle mit dem Meer verbunden waren. üie Bewohner der Gegend erhielten finanzielle und politische Vorteile, um sich in den dreckigen und krankheitserregenden Sümpfen nieder zu lassen. Eine aufgedämmte Fernstraße war einziger Zugang zwischen Festland und dem geplanten Aigues Mortes, der Stadt der "toten Wasser". Auf einem nahezu perfekten Viereck wird das gesamte Fundament der künftigen Stadt auf einer Holzplattform erstellt, die von bis auf den harten Grund mit eingekeilten Eichenpfählen gestützt wird. Die vollständig erhaltene Stadtmauer erstreckt sich über 1634 Meter, breit und massiv mit 7 Toren und vielen Türmen versehen. Dazu ragt ein hoher Rundturm als ansehnliches Symbol königlicher Herrschaft über damals noch unerschlossenes Land empor. Er besitzt 6 m dicke Mauern und diente früher als Gefängnis. Doch die Stadt wächst, entwickelt sich sogar zum bed. Zentrum des Austausches mit dem Morgenland. 1580 ließ Heinrich IV einen Durchstich durch den Küstenstreifen graben, wodurch eine Verbindung der Lagune und dem Meer, eschaffen wurde. Die Bevölkerung nannte ihn "Grau", daher der Name "Le Grau du Roi". Die Verbindung aus dem 13. Jh. ist versandet, heute dehnen sich dort Salzanlagen bis fast zum Meer. Die Stadt Aigues Mortes steht noch in ihrer mittelalterlichen Form da, die sehenswürdig ist. Heute schlendern busweise Touristen mit internat. Sprachgewirr durch die engen Gassen, die zu Verkaufsständen und Freßzeilen umfunktioniert sind. Wir lauschen entspannt einem Leierkastenmann samt possierlichem Affen, schlendern kreuz und quer, es ist warm und schön hier. 1806 wurde der Canal du Rhone a Sete fertig gestellt. Heute kann man also sowohl über St. Gilles zur Rhone rüber, als auch nach Sete zum Canal du Midi gelangen. Eigentlich wollten wir über Sete nach Cap Agde segeln, um in den Canal du Midi zu kommen. Ein Gespräch mit Irischen Seglern auf der Durchfahrt hier, als auch eine angesagte Kaltfront samt starkem südlichen Wind machen uns die Entscheidung leicht. Kurzentschlossen legen wir den Masten selbst Dabei kamen wir nur nach Aigues Mortes, um die kaputte Benzinpumpe zu reparieren. Das Kapitel Mittelmeer mit "motoring between the gales" ist zu Ende..Panta Rhei. Inhalt
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