"Schaun ma amal"von Gertraud Filgis.
Fun Too hat in Boziazy, Kap Anamur(Südtürkei) 42 Tage verbracht. Ab Mitte Januar war die verfrüht eingetretene Regenperiode der letzten 8 Wochen vorbei und die Sonne stritt sich nur noch mit ein paar Regenschauern am Himmel. Die Zeit des schiefergrauen Himmels, des bleiernen oder gischtweißen Meeres ist nicht mehr Alltag. Es wird wärmer. "Bald ist der Sommer da", sagt mein Kapitän mit einer Dosis von Wunschdenken. Inzwischen hat eine bettelnde, magere Hündin mit blaugestoßenem Gesäuge 10 Junge geworfen. Die Fischerboote kommen mit mageren Ergebnissen vom Fang zurück. Doch zum Überleben reicht es. Eine Anzahl streunender Katzen an ihrem Kaj können nicht irren. Von den Holzkohlegrillen steigt beißender Geruch von halb verkohlten Kleinfischen. Bei diesen Nasenstübern trifft die Geschmacksnerven kein Freudenschock.- Die langen Abende werden mit Musik und Lesen verkürzt und die Crew verbessert ihr Schachspiel.
Die dazugehörige Bäurin sitzt mit abgearbeitetem Gesicht daneben. Bei den meisten aber sind, von der vielen Mehl-Esserei, die Leiber aufgequollen. In ihren geblümten Rockhosen, die bis zu den Knöcheln reichen, sitzen sie im Schneidersitz, ihr Wechselgeld in der Plastiktüte festhaltend. Aber unter den Kopftüchern lachen zufriedene Augen. Alle, auch die Ärmsten, sind gut aufgelegt, dienen als positives Beispiel! Nach Möglichkeit kaufen wir vom "Zeitungsangebot", um sie zu unterstützen, auch wenn schnell noch ein paar Lira als Touristenbonus draufgeschlagen werden sollten. Als wir von einem Bäuerlein 2 kg Bananen erstehen, küßt er mir fast die Hand, so glücklich ist er. Die Geste entspringt wohl dem Selbsterhaltungstrieb, denn rings um gibt es Bananen, Bananen, Bananen...und überall die dazugehörigen bittenden Augen, wenigstens eine Kleinigkeit abzunehmen.Dazu die Schwierigkeit, auf (umgerechnet) 3 Euro ,Wechselgeld herauszugeben. Eine Waage wird von vielen benutzt. Es gibt 1/2, 1 + 2 kg Gewichte. Wenns mehr sein darf, wird ein "geeichter" Stein draufgelegt. Für uns sind das sentimentale Beobachtungen, für die Leute hier ist es harter Überlebensalltag.
Anfang Februar. Am Himmel des Ostens verbleicht das Violett des Zwielichts. Fun Too bunkert Wasser, später Diesel. Gegen abends, im Dämmerlicht, quellen schmutzig weiße Wolken, ballen gegen- und übereinander. Daneben, in der dunklen Region, blitzt es bereits. Wenn die Front durch ist, wollen wir weiter. Am 3. Februar wird das Kap Anamur umrundet. Genau 200 km nördlich findet jetzt ein Erdbeben statt. Die Natur erspart der türkischen Bevölkerung wirklich nichts. Der angekündigte, erwartete Südost 4 bleibt aus. Wir motoren die ganzen 42 sm bis Gazipasa-Fischerhafen, wo wir 3 Tage lang bleiben. Die relativ neue, hohe, gen Süden schützende Mole ist noch durch ein paar Reihen 10 t schwere Betonklötze verstärkt. Wir staunen nicht schlecht, daß einige von ihnen nach innen verrutscht, die Mauer etwas eingedrückt ist. So, als ob die andonnernden Wellen sie als Spielzeug benutzt hätten. Nach 4 Tagen Alanya ein letzter Besuch im Hamam, dem Türkischen Bad, dann gehts Ankerauf. Teils mit Motor, ab mittags schon unter Segeln, fällt im Vorhafen von Antalya nach 69 sm der Anker. Der Gipfel des Olymps leuchtet schneeweiß. Da die Marina 70 % leer ist und es keine Infrastruktur gibt, entscheiden wir uns für die Parkmarina Kemer. Nebenan soll ein neues Becken entstehen für die Gulets und Fischer, welche jetzt teure Devisenliegeplätze blockieren. Im Ort kostet das Grillhendl 3 x so viel wie in Mersin. Um es auf einen Nenner zu bringen, nach Kemer kommt der Pauschaltourist, um sich abzocken zu lassen, ohne daß er es weiß. Wir genießen ein paar schöne Marinatage mit netten Menschen bei happyhour -Gesprächen und Feten. Der Service dieser Marina ist ausgezeichnet, dank Manager Hassan. Endlich haben wir in einem Laden eine türkische Gästeflagge aufgetrieben. Es wurde auch Zeit, denn die derzeitige ist von den Winterstürmen ausgepeitscht und fristet ausgefranst ihr luftiges Dasein. Vor 2 Jahren wurden wir von der Küstenwache,dem Sahil, in Datca aufgehalten und die damals nur etwas ausgebleichte, orange statt rot schimmernden Flagge beanstandet. Wir gelobten Besserung. Als vorhin der neue Halbmond hochgezogen wurde, kam die Erinnerung an unsere allererste Türkenflagge wieder auf. Fun Too, von der Donau kommend, verließ gerade Bulgarien. An der türkischen Grenze /Schwarzes Meer motorte der Sahil. Höflich, wie es sich gehört, hißten wir die Gästeflagge. Daraufhin wurden wir von ihnen ab dem Leuchtfeuer Igneada zum Grenzhafen Limanköy eskortiert, um die Einreise, Kontroll- und Zollformalitäten durchzuführen. Hinterher frägt der erste Offizier, warum wir denn nicht türkisch flaggen. "???, haben wir doch!" "Nein, das da," und er zeigt nach oben," das ist die tunesische Flagge." Auf der Caravan & Boot in München hat man uns die falsche rote Nationale verkauft. Statt weißem, flatterte also der rote Halbmond unter der Saling. Als die Umstände geklärt sind, bricht allgemeines, befreites Lachen aus. "Irrtum, sagt der Igel und klettert von der Bürste.". Später werden wir von ihnen zum Tee-Kaffee eingeladen und man überreicht uns als Gastgeschenk ein kleines Päckchen. Dessen Inhalt war eine "echte" Türkenflagge. D a s nenne ich Service! Willkommen in der Türkei. Fun Too liegt jetzt in der Parkmarina Kemer, während wir den Flug nach Hause buchen. Wie sich die nächste Saison gestalten wir? Schaun ma amal. Traudl Filgis
|