Eine (zweifache) Liebeserklärung

(Nicht nur Fakten zum Trimaran HERR FALK)

Seit 1974 segle ich Multis vom Hobie 14,16,Tornado,Havkat 27,Dragonfly 25 als Zweitschiff, Banshee 35,Havkat 31 bis jetzt zum modifizierten F 28 One Off Tri. Natürlich habe ich auch nicht eigene Boote vielerlei Art beschnüffelt, befummelt, begutachtet, bewundert, verdammt (besonders früher) und gesegelt. Viele waren bei unzähligen Regatten mal ernste, mal eher Scherzgegner, oft auch gar keine. Hochgelobte versagten kläglich, unbekannte erstaunten sehr. Immer suchte ich den Kompromiss zwischen Fahrten- und Regattaboot, Bequemlichkeit und Geschwindigkeit, Sicherheit und Nervenkitzel, wobei sich die Entwicklung der Familie an den oben genannten Typen ablesen lässt- nein umgekehrt natürlich! Anfangs Getobe mit der sportlichen Ehefrau, dann mit zwei Kleinkindern Entdeckung nicht nur der Langsamkeit, sondern des herrlichen Skandinaviens,(nebenher musste ich mal wieder racen mit dem spontan zusätzlich angeschafften Ur-Dragonfly),schließlich der vorläufige Höhepunkt des Fahrtensegeltraums (vielleicht ja noch mal richtig weit weg?!) mit der treuen, aber ruppig gebauten Banshee 35 unter anderem durch die Nordsee. Ein neues Haus mit großem Garten dicht am Wasser und flügge Kinder, die zwar noch Regatta- aber nicht mehr Gammelsegeln wollten, führten zum Havkat 31 KYO.
Waren das wirklich die Gründe, Herr Kaempfe?

Ein wunderbares Boot; konstruiert von Lars Oudrup (genauso ein Dickkopf wie ich),sehr gut gebaut von Simon Rhebergen aus Amsterdam-eigentlich für sich selbst. Prompt hatte ich mal wieder zwei Schiffe gleichzeitig und es war erschreckend, wie schnell ich keinen Bock mehr auf die zuverlässige Banshee hatte. Die KYO hatte aber auch nicht nur exzellente Segeleigenschaften sondern sie war- zum Glück- auch "unfertig". Ich konnte tüfteln, probieren, verwerfen, neu testen, um- und einbauen, eben verbessern, wie ich meinte (und immer noch meine).Das war` s! Kurzurlaube (na ja, so 14 Tage) mit meiner Frau und reges Regattasegeln mit der ganzen Familie einschließlich meines diesbezüglich sehr engagierten lieben Weibes sprachen fürs ideale Schiff. Bis nach 8 Jahren langsam zunehmend der NB-Virus(Neue -Boot -Virus) mich ganz kribbelig machte. Ihn einfach zu ignorieren, klappte gar nicht.

Das hatten mir meine häufigen "Bootsarien", wie meine Frau dieses regelmäßig auftretende Phänomen nennt, gezeigt. Also, die Frage, ob KYO verkauft wird oder nicht, stellte sich ( mir) gar nicht. Spannend war nur, was nun? In Frage kam ein Dragonfly 8oo swing wing (Racing-Version natürlich). Das war wohl auch mit meinem fortgeschrittenen Alter von 57 noch vereinbar?! Schließlich hatte Paul Elvström (ich weiß, dass ein Vergleich gewaltig hinkt; aber er war ja auch viel älter) eine traumhaft aufgemotzte Version gesegelt.

Liebe auf den ersten Blick- ich hab sie zweimal (bisher) erlebt: Bei meiner Frau und bei meinem jetzigen Boot. Erstere ging schon mit mir zur Schule, letzteres lag demontiert in einem dänischen Container. Beide blank poliert, gut gebaut mit eleganten Linien. Die eine aus zartem Fleisch und dunklem Blut, das andere aus schwarzem Carbon, garniert mit etwas silbrigen Titan .Bei beiden dauerte es zwar noch eine gewisse Zeit, bis es zu engeren "Kontakten" kam, aber der Pfeil saß tief. Ich will ja nicht meine Frau vorstellen, deswegen nur die nackten Daten des Bootes:
Länge:8,52; Breite:7,2o; Gewicht:jetzt 620 kg; Großsegel:34; Fock:12; Genua:18; Genaker:71.
Gerd Frederiksen, der dänische Beschlagsguru, hat das Boot als One Off in Fortführung von dem legendären, aber inzwischen veralteten DRAGSTER konstruiert und bauen lassen. Mit einem immensen Aufwand (eigene Formen, Spezial-Titanbeschlägen u.s.w.) und einem (wie ich meine überzogenem) Gewichtsfanatismus. Das Boot war bis dahin (1999) wenig gesegelt worden (allerdings schon mal erfolgreich bei Seeland-Rundt ), war ein reines Regatta-Boot und machte mir große ANGST.

Ein Jahr habe ich gebrütet, ob ich wieder einen Kompromiss finden würde: Es musste unbedingt auch allein zu segeln sein!! Motorhalterung,Selbstwendefock,Echolot, Log, Selbststeuerer, Schlafmöglichkeit, effektiverer Genaker (ja,30 m² mehr!), einfache Leinenführung, doppelte, permanente Pinnenausleger zu den Schwimmern und das alles bei einer Hi-Tech Maschine, vollständig aus Carbon einschließlich des 12.8 m langen Profilmastes, Titan- und Frederiksenbeschlägen (natürlich) und einem Rod-Rig: also nur vom Allerfeinsten.
Gesegelt(aber nur mit-) hatte ich das Boot einmal kurz für 10 Minuten bei 3 Windstärken, wobei die Aufregung jede objektive Wertung unmöglich machte. Die bohrende Vernunft zwang mich zu einer Rückversicherung bei Jens Quorning, dem Erbauer der Dragonflys und passionierten Segler, der das Boot schon "getestet" hatte: Antwort Gott sei Dank: Segelspaß pur ohne Einschränkung. Was anderes hätte ich ja auch gar nicht akzeptiert, obwohl schon ein paar kritische Anmerkungen möglich gewesen wären. Aber keine Klagen bitte, offensichtlich will ich es immer besonders schwierig. Vorbehalte meiner Familie ob meines Alters machten die Entscheidung nicht gerade leichter, aber wie gesagt, ich bin ein Dickkopf.

Also wieder zwei Boote(schon zum drittenmal), Verkaufs- und Kaufstress ohne Ende, Trauer fürs alte, Unsicherheit, ja Angst fürs neue. Mir war wahrlich nicht wohl zumute! Der Havkat wurde problemlos verkauft (Wieso diese Sorgen bei so einem guten Boot?) und zwar in seine holländische Heimat an begeisterte, letzten Meldungen nach auch sehr zufriedene Segler. Der Tri kam in Einzelteilen in die Garage, in der ich dann einen Winter lang bastelte. Ein ziemlich dämliches Wort für all die Anstrengungen und Arbeiten. Allein die (drei) Decks mit Antirutsch von International zu streichen und zwar akkurat abgeklebt, war ein Akt in dem notdürftig aufgeheizten Raum. Ich weiß bis heute nicht, wie die Akrobaten vorher mit den kindera-(popo) glatten Flächen klar gekommen sind. Das endgültige Ergebnis waren mindestens 60 kg mehr,10 %- eine Katastrophe, nicht wahr, Herr Frederiksen.Ich rechnete allerdings anders: Das durchschnittliche Regattagewicht eines Crewmitglieds beträgt 75 kg. Schmeiß ich einen doch einfach über Bord, hab ich noch 15 kg für ein paar Bier und etwas Vernünftiges zu essen übrig!

2001 probierten wir alles?? aus; es machte wirklich einen riesigen Spaß. 90 kg (also mich) bei einer Wende 7 (sieben) Meter über ein federndes Trampolin (nein, zwei) durch` s nur 80 cm breite Cockpit über zwei Winschen auf die neue hohe Kante zu "bringen", um es neutral auszudrücken, das hält fit, führt allerdings auch zu (nicht bös gemeinten) Lachern der mitsegelnden Jugend. Da ich in Sport immer mies war(z.B. Felgaufschwung oder wie das heißt), lässt mich das kalt. Einen gewaltigen Tritt ins Kreuz bei jeder Bö, Bocken wie ein Mustang beim Rodeo (stell ich mir so vor), zickig beim Ankern, sensibel beim Motoren (3,5PS=6,5 kn).Ja, das erste Jahr war Probe. Jetzt läuft` s: Fyn-Rundt:16...Std; Alsen-Rundt:4:17Std; Fehmarn-Rund:3,13Std (schneller als alle Strandkats einschließlich Tornado-Sport). Da lacht das alte Herz und die rostigen Knochen mitsamt dem Bierbauch kriechen und rollen willig die weiten Wege- wie gesagt über 7 m.

Allein gesegelt( Das geht mit diesem F 28 nach den Änderungen tatsächlich!) ist das Boot zwar lahmer aber lammfromm. Man spart sich die weiten Wege (es schaut ja keiner zu) und macht es sich im "Zentral"-Cokpit gemütlich. Der Spaß, ohne jeden Ruderdruck mal eben13 kn bei 40° am wahren (nicht scheinbaren) Wind zu segeln, ohne Hilfsmittel mit einem leichten Ruderausschlag selbst bei ruppigem Wetter zu wenden ,nur unter Groß jederzeit aufkreuzen zu können, ist phantastisch. Ich habe noch nie so viel Segelfreude erlebt, und das mit 58. Alles ist leicht, locker, ohne Kraft, mit direkter Reaktion- also Segelgefühl pur. Mit 20 wollte ich unbedingt Pilot werden, klappte aber nicht. Das Segeln mit diesem Boot hat etwas vom Fliegen; es wird eine dritte Dimension erschlossen, die zu einem Gefühl der Schwerelosigkeit und damit zu einer schwer beschreib-, sondern nur erlebbaren Freiheit führt (hochtrabend nicht?!).Auf dem Luvschwimmer bis zu 2 Meter über dem Wasser zu fliegen und den nur noch dippenden Hauptrumpf zu beobachten ist phantastisch, super, affengeil. Mit den beiden erwachsenen Kindern dieses Geschütz zu beherrschen (noch längst nicht perfekt!),bringt einen Riesenspaß, nein bringt viel mehr noch, bringt Befriedigung, An- und Entspannung, Hochs und Tiefs, Erfüllung und auch Enttäuschung. Es geht nicht um die paar Knoten, die man schneller ist oder die paar Stunden, die man früher ankommt.

Es geht um Eins-Sein mit dem Boot, um eine faszinierende Leichtigkeit, die ich von früher mit dem Tornado erinnere, ja es geht für mich um die wohl letzte Möglichkeit, dieses absolute Segellustgefühl zu erleben. Natürlich ist dieses Boot eigentlich ein Daysailor, doch es gibt ja auch Leute, die mit Jollen auf Tour gehen- halt Abenteuer pur. Mein Sohn ist zum Heiraten in die dänische Südsee gesegelt. Zelt aufs Trampolin, Rotwein in den Hauptrumpf und los ging´ s! Die Braut war natürlich mit. Meine Frau und ich segelten bei Freunden auf einem "ordentlichen" Kat (Maram) mit, was viel Spaß brachte. Merkwürdig, den filigranen Tri auf dem Wasser mal nur als Beobachter zu erleben- nicht schlecht. Ich hab das Mini-Fahrtensegeln auch allein versucht- ging wunderbar. Selbstverständlich hat diese Art Boot eine Reihe von Nachteilen, die ich zumindest jetzt nur schwerlich sehe (oder besser: nicht sehen will).Also von mir nichts weiter dazu- Ihr denkt euch ja schon die ganze Zeit euren Teil, nicht wahr? Auch speziell dieses Boot bereitet einige Probleme: Carbon und Alu( Elekrolyse oder was zum Teufel es auch ist), Punktbelastung beim Sandwich u.s.w. Ihre Lösung bereitet mir Autodidakten große Schwierigkeiten, reizt mich aber auch sehr!

Vergessen hab ich zu erzählen, wie schnell das Boot ist (die meist gestellte Frage überhaupt):Ich weiß es nicht! Erstens hat der arme Loggeber dann meist Schaum vorm Maul und zweitens haben wir dann was anderes zu tun, als auf die Anzeige zu starren. Aber soviel: Der GPS hat uns schon wiederholt über 15 kn Schnitt für weit mehr als eine Stunde verraten. Ich vermute, die Grenze liegt irgendwo um die 25,26 kn (der Havkat schaffte auch schon 21kn).Entscheidend sind aber zwei Punkte: Das Boot erreicht spielend 16,17,18 kn schon bei verhältnismäßig wenig Wind (4 Bft) und es kreuzt (wie oben bereits erwähnt) unglaublich gut. Wir haben noch keinen Einrumpfracer getroffen, der selbst am Wind mithalten konnte (z.B. Die Rubin oder die Uca, eine Baltic 62 Racingversion). Die IOMR-Vermessung ist 1,2 (Havkat31:0,9;Dragonfly 920:auch 0,9).Diese 30 % herauszusegeln ist sehr sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich, meine Pokalsammlung ist allerdings schon gut gefüllt. Wenn mein Rücken mitmacht, gibt's noch etwas länger den totalen Segelspaß.

Meine Frau hat übrigens die "fliegende Spinne" noch nie betreten, bestiegen oder wie auch immer man es nennen mag (keine hämischen Bemerkungen bitte). Natürlich ist daher unser (ja, dann wieder unser) nächstes Boot ein richtig zuverlässiges, sicheres Fahrtenschiff fürs Blauwassersegeln (der Garten schafft auch ihren Rücken irgendwann). Oder wird's doch nur ein Hobie 14 (selbstverständlich Turbo) für den segelverrückten Ehemann direkt vorm eigenen Strandhaus?? Vielleicht berichte ich mal wieder.

PS: Frage nicht nur an alle betroffenen Segelwitwen: Was zählt mehr: Boots- oder Ehetreue? Wie man erfahren hat, wechsle ich zwar öfter das Boot, aber (bisher) nicht die Frau (seit fast 40 Jahren).Boote sind grundsätzlich weiblich (sagen die Männer),aber eben doch keine richtigen Frauen.

Falk Kämpfe


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