Fünfter Multihull-Cup um Mallorca 2002Hansjörg HennemannEnde Oktober 2002 haben sich zum fünften Mal in Folge die Glücklichen in Palma de Mallorca zum MC-Cup eingefunden. Diese von Astrid Haupt, Multihull-Charter für Fahrtenkatamarane organisierte Fun-Regatta hat in diesem Jahr 15 Kats an die Startlinie gerufen. Da tummeln sich vier Lagoons 410, zwei Lagoons 380, zwei Bahias 46, zwei Outremers 45 und je eine Venezia 42, Voyage 440, Nautitech 395, Lavezzi 40 und eine Belize 43 in unserer kleinen Flotte. Dass die beiden brandneuen Outremer-Katamarane außer Konkurrenz segeln – quasi als Ferrari unter Wohnmobilien – ist all jenen klar, die auf den Decks der "normalen" Fahrtenkats stehen. Am Samstagabend stellt Astrid die Skipper im Rahmen eines gelungenen spanischen Abendessens vor. Auf einem der Boote, dem "Youngster-Kat", fahren bis auf einen "Methusalix" nur Jugendliche mit! Viele der Mitsegler kennen sich aus den Vorjahren und freuen sich schon auf die eine oder andere Revanche auf dem Wasser. Der Rotwein fließt in Strömen, und Tipps und Taktiken werden im Überfluss gehandelt. Nachdem am Samstag Ankommen und Verproviantieren angesagt sind, steht der Sonntag unter dem Motto: Eingewöhnen und das Boot unter Segeln kennen lernen. Unter strahlend blauem Himmel laufen die Kats aus dem Hafen von Palma de Mallorca aus und steuern die Bucht von Santa Ponsa an. Ein erst leichter dann mittlerer Südostwind lässt die Flotte schnell vorankommen.
Am Montag, unserem 1. Regattatag, starten wir zu einer Flautenregatta in der Bucht westlich von Santa Ponsa: Die Boote segeln recht gemächlich zweimal den etwa 5 Seemeilen langen Rundkurs ab. Wir überqueren auf unserer Bahia als erstes Boot die Startlinie – da kommt Freude auf! Auch wenn wir das Startschiff verwünschen, das langsam aber sicher nach Luv motort. In der engen Durchfahrt zwischen Islas Magrats und Mallorca kommt es erwartungsgemäß mehrmals zum Gedränge. Dies umso mehr, weil hier der Wind noch schwächer und unsteter ist als "draußen". Die teilweise recht eigenwilligen und unterhaltsamen Taktiken der Skipper auf der einen Seite und die Windkapriolen auf der anderen Seite wirbeln die Flotte oftmals durcheinander. Wir werden mit unserer "Hoomn" auf den 10. Platz durchgereicht. Eine weitere Nacht in der Bucht von Santa Ponsa zu verbringen stellt sich bald als taktischer Fehler heraus: Der angesagte Westwind frischt des Nachts auf und schickt eine unangenehme Welle in die Bucht, so dass die kleine Katamaran-Flotte auf Legerwall liegt. Es bläst etwa mit 30 Knoten, als die Mutigen unter uns im Vollmondschein den Ankerplatz wechseln und Cala Fornells anlaufen. Die auf Sicherheit bedachten verholen sich in den nahen Hafen von Santa Ponsa. Wieder andere bleiben und harren aus; teilweise unfreiwillig, da sie eine Leine in der Schraube haben. Von da an hat der Westwind unsere Flotte auseinandergeweht, und wir verlieren viel Zeit, bis wir wieder zusammenkommen.
Am Dienstag laufen die meisten Boote, die eine unruhige Nacht vor Anker erlebt haben, bei 7 bis 8 Beaufort aus, um endlich wieder in ruhigeres Wasser zu kommen – genug der Schaukelei! Ein kurzes und nasses Andampfen westwärts unter Motor gegen die schäumenden Wellen ist der Preis, den die meisten Crews für ein schönes Raumschotsegeln Richtung Palma und ruhiges Wasser zu bezahlen bereit sind. Als jemand von Land aus einen gekenterten Katamaran zu sehen glaubt, dauert es Stunden bis "unsere Schäfchen" durchgezählt sind und Entwarnung gegeben werden kann. Über Funk herrscht ein ganz schönes Durcheinander, weil es schwierig ist, einen Überblick zu erhalten, wo sich welches Boot befindet und wie die Stimmung und Lage an Bord ist. Hier wäre eine Liste für jedes Boot mit Startnummer, Bootsname und Skipper sehr hilfreich gewesen. Der Mittwoch bietet jenen, die den wilden Ritt gewagt haben an die Leeküste bei Cala Portals, dann sportliches Segeln bei etwa 7 Beaufort! Hier nutzen einige Crews die Gunst der Stunde und segeln mit gerefften Segeln bei strahlendem Sonnenschein unter blauem Himmel auf und ab. Jene aber, die hinter der sicheren Hafenmauer von Santa Ponsa Schutz gesucht haben, verlassen ihren "safe haven" angesichts der anlaufenden Brecher von Westen nur sehr zögerlich. Das mag auch daran liegen, dass noch einige Blessuren, vornehmlich an den Ankergeschirren, zu pflegen sind. Der Donnerstag wird unser 2. Regattatag. Geplant ist, die Regatta am Cap Cala de Figuera zu starten und bis zu den Cabrera-Inseln zu segeln. Gesamtstrecke etwa 25 Seemeilen. Nur, mehr als ein Lüftchen regt sich nicht – also wird eine Startverschiebung zum Cabo Blanco durchgegeben. Obwohl die Strecke recht übersichtlich ist – 10 Seemeilen einfach geradeaus – ist einigen aus der Flotte bis zum Schluss nicht klar, wo das Ziel ist.
Der Wind kommt aus Südsüdwest, wir messen 10 Knoten scheinbaren Wind an Bord und laufen mit 5 Knoten einen Kurs von 140 Grad. Das Feld zieht sich anfangs eher in die Breite, denn in die Länge. Einzig die Outremer 45 "Come Beck" setzt sich ab, der andere "Ferrari" "Galop" dagegen muss sich mit einem hart umkämpften Spitzenplatz im Peleton begnügen. Wir gehen als Dritte über die Ziellinie, nur wenige Meter hinter der Lagoon 410 "Gato Rojo". Jetzt, wo alle Boote quasi nebeneinander hersegeln, bestätigt sich mein erster Eindruck vom Regattatag 1: Zwar nehmen sich die Kats augenscheinlich nicht viel: Die kürzeren sind kaum langsamer als längeren, die modernen Risse nicht wirklich schneller als die älteren Modelle. Einzig die "Come Beck" segelt dem Feld voraus, kann ihren Vorsprung aber nicht überdeutlich ausbauen. Die Auswertungen der Ergebnisse von den beiden letzten Wettfahrten zeigen dann aber ein anderes Bild: Die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen dem schnellsten und dem langsamsten Kat sind keineswegs unbedeutend. Bei der zweiten Wettfahrt läuft der Schnellste etwa 33 Prozent (7,22 Knoten) schneller als der Langsamste (5,42 Knoten), bei der dritten Wettfahrt sogar 38 Prozent schneller (5,99 gegen 4,31 Knoten). Bei längeren Strecken sind also die Unterschiede in Stunden oder Tagen gewaltig! Freitag, unser 3. Regattatag. Spätestens jetzt dämmert es auch dem Letzten: Die zweite Nacht in Santa Ponsa hat uns 2 Regattatage gekostet. Mehr als drei Wettfahrten werden dieses Jahr nicht drin sein. Am morgen das übliche UKW-Gequatsche: "Weiß einer, wo es heute hingehen soll?!" Die Regattaleitung hält sich mal wieder vornehm zurück. 30 Minuten vor dem Start – fast alle Boote hängen noch an den Moorigtonnen – werden die Route und das Startprocedere verkündet. Jetzt heißt es: Hurry up! Es kommt, wie es kommen musste: Astrid ("Fun") legt im Namen der Trödler ein gutes Wort bei Uwe ("Regatta") ein und bittet um Startverschiebung, die dann auch widerwillig gewährt wird: 10 Minuten. Dass aber das Startschiff mitten in der kritischen Startphase der anderen Outremer hinterhermotort (und dann wieder rückwärts setzt), um Fotos zu machen und uns damit zwei unnötige Wenden aufdrängt, ärgert uns dann doch etwas. Im hinteren Feld überqueren wir die Startlinie. Dann geht es etwa 2 Stunden lang bei etwa10 Knoten Westwind am Wind mit 5 bis 6 Knoten Richtung Bahia de Palma. Das Cabo Blanco ist mit einem Höchstabstand von 3 Kabellängen in östlicher Peilung zu nehmen. Wir passieren diese Marke an 3. Stelle kurz hinter der "Gato Rojo" – "Beck ist (wieder mal) weg". Ein Blick zurück auf unsere Verfolger zeigt uns, wie unterschiedlich lang 3 Kabellängen sein können. Wer ein bisschen sehr tolerant ist und außen bleibt, hat den Abstand zu uns deutlich verkürzt. Das Gezeter auf UKW ist entsprechend. Dann endlich können wir an der "Gato Rojo" vorbeiziehen. Von der "Come Beck" abgesehen, liegen wir ganz vorne. Mit einem hauchdünnen Vorsprung retten wir uns vor der Lagoon 410 ins Ziel! Hoomn!!!! Die Siegerehrung am Abend, wieder in einem netten Restaurant, bringt die Wahrheit ans Licht: Den ersten Platz hat die Lagoon 410 "Gato Rojo" gemacht, zweiter wird die Outremer 45 "Come Beck". Wir müssen uns hinter der Nautitech 395 "Going" mit Platz vier begnügen. Die zweite Outremer 45 landete auf Platz 12, wofür vor allem die vergleichsweise schlechten Segel verantwortlich gemacht werden. Proteste beim Segeln gab es wohl wenige, Unklarheiten und Wissensfragen zu den Rating-Werten dafür im Überfluss. Ich wünsche mir – gerade bei einer solchen Fun-Regatta, die von Regattaneulingen getragen wird – etwas mehr Aufklärungsarbeit: Die Materie erschließt sich Beginners nicht automatisch. Dass die Legerwallsituation ohne große Blessuren an Mensch und Material überstanden wurde, nannten einige Skipper "Glück". Mein Fazit: Wenn es vom Wetter her einigermaßen stimmt – wie an den drei Wettfahrtstagen – dann ist die Lust auf mehr MC-Cup fast grenzenlos. Die Idee, ein gutes Dutzend Fahrtenkatamarane zu einer Fun-Regatta zum Saisonabschluss auf Mallorca zu versammeln, ist prima. Im Nachhinein ist man immer schlauer: Die zwei verlorenen Regattatage wären bei umsichtiger Planung vermeidbar gewesen. Für meinen Geschmack wäre der überwiegende Teil des ermüdenden Funkverkehrs mit den vermeidbaren Fragen wer?, wo?, wann? und wohin? vermeidbar gewesen. Hier wäre ein frühzeitiges Wort von "Regatta-" und "Fun-Leitung" mehr und eine Liste der teilnehmenden Boote nicht zu viel! Die Wettfahrten wurden ambitioniert, aber nicht verbissen gesegelt. Segelspaß und Partystimmung kamen auch – und gerade bootsübergreifend – nicht zu kurz! Nicht verwunderlich also, dass die Anmeldungen für den MC Cup 2003 (18. bis 25. Oktober 2003) nur so purzelten. Hansjörg Hennemann Astrid Haupt - Multihull-Charter Inhalt
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