Mein erster Kat

oder
wie man keinen Katamaran kaufen muss

Im folgenden Bericht wird ein verunglückter Katamarankauf beschrieben. Aus rechtlichen Gründen wird der Name der beteiligen Werft nicht genannt. Dies ist aber von wenig Belang, die gezogenen Lehren sind allgemeingültig. Es ist wahrscheinlich so, dass der beteiligten Werft nicht jeder Neubau verunglückte. Aber gerade in der heutigen Zeit muss ein Käufer davon ausgehen, dass sich die Verhältnisse bei einer Werft schnell ändern können. Produktionsanpassungen, geänderte Bauausführung, Bau bei Subunternehmern, Expansion, Übernahmen, Verkauf der Werft, Insolvenz usw.

Viele Unternehmen versuchen den Gewinn zu optimieren. Dafür werden Mitarbeiter mit der Aufgabe beschäftigt den Bau zu rationalisieren und rationell (on time) und preiswert einzukaufen. Es kann auch vorkommen, dass gezielt die jeweils preiswertesten (billigsten) Teile gekauft werden. Nur unzureicheichend dokumentiert und ohne Absicherung kann es dann vorkommen, dass der Käufer am Schluss im Regen steht. Es lohnt sich daher von Anfang an auf Schadensbegrenzung zu achten. Denn merke: auch der ausgefeilteste Vertrag ist nur so gut wie die Vertragspartner. Verwende auch etwas Zeit für die Suche im Internet, nicht jede Beanstandung stammt von einem Querulanten oder Spinner.
Im Übrigen möchte ich Neukäufer das Buch "Bootskauf" von Hans G. Isenberg hinweisen.

Bericht:
Nach über 25 Jahren Hochseesegelei auf Einrümpfern und gelegentlichem Segeln auf Katamaranen war ich soweit. Ich entschloss ich mich für ein paar Jahre ein time out zu nehmen. Diese Zeit wollte ich mit Segeln verbringen, Makronesien, die Karibik, die Ostküste der USA kennenlernen und auch in der Aegäis segeln.

Ein entsprechend gewählter Kat ist für das Leben an Bord und für lange Reisen bestens geeignet. Das Angebot an gebrauchten Katamaranen war zu jener Zeit eher dünn. Daher waren die Preise relativ hoch. Gute Boote waren oft schon beim Auftauchen im Internet, oder bis die neueste Zeitschrift bei mir eingetroffen war, verkauft. Besichtigungstouren in Frankreich und Spanien verliefen enttäuschend. Immer mehr hatte ich den Eindruck, dass Katamarane - und ich meine öfter als dies bei grösseren Einrümpfern der Fall ist - auch von unerfahrenen Segelneulingen gekauft werden. Ein Eindruck, der sich nicht nur in Gesprächen an Ausstellung bestätigte, sondern sich auch im Verlauf meiner Reisen in Gesprächen mit anderen Katseglern vertieft hat. Nach und nach wurde mir klar, dass - zu jener Zeit - ein Neukauf sinnvoller war. Das Internet wurde nach Informationen abgesucht. Unterlagen verschiedener Werften wurden ausgedruckt. Da ich genau wusste was ich wollte verblieben fünf Werften in Frankreich in der engeren Wahl. Nach der Kontaktnahme wurden schliesslich drei Werften besucht.

Es sollte ein sogenannter Produktions -Katamaran (Serienfertigung) sein, wie er bei Charterfirmen im Einsatz ist. Also KISS (keep it simple and stupid): möglichst einfach und unkompliziert, gut segelnd und mit wenig Aufwand an Zeit zu unterhalten. Ich war bereit Kompromisse einzugehen. So sind die Segeleigenschaften relativ gut, der Unterhalt bei einem gut gebauten Boot aber wirklich einfach und kostengünstig. Natürlich hat es auch Nachteile: die Stauräumlichkeiten sind beschränkt, wenig Platz für Persönliches, kein Schreibpult, keine Werkstatt, wie sie auf Langfahrtbooten meist vorhanden sind. Aber man kann damit leben. Heute, nach rund drei Jahren, vier Atlantiküberquerungen, Ostküste USA rauf und runter, zweimal Mittelmeer längs, weiss ich, dass meine Überlegungen richtig waren.

Nach mehreren Besichtigungen und einem Probeschlag entschloss ich mich für einen 13 m Kat, der dazumal seit drei Jahren bei einer so genannt namhaften Werft gebaut wurde und wie er bei verschiedenen Firmen als Charterboot im Einsatz war. Verkauft wurde dieser Katamaran normalerweise auf Basis eines auf eine DIN A4 Seite gedruckten Beschriebes der zwangsläufig eher rudimentär war. Da ich nicht bereit war, ein Boot auf Grund dieser schwammigen Beschreibung zu kaufen bzw. bauen zu lassen, wurde der Beschrieb in Verhandlungen, die sich drei Monate hinzogen, genauer gefasst. Im Beschrieb waren auch die Abmessungen und das Gewicht des Bootes festgehalten. Hinzu gehört auch, dass die CE Richtlinie für das Fahrtgebiet (in meinem Falle A, Hochseefahrt) eingehalten ist und die Zertifikatsnummer.

Schliesslich umfasste der Beschrieb ganze 12 Seiten. Gegenüber der Grundausführung wurden drei Extras bestellt. Ein Frigoboatkühlsystem für den Kühlschrank, zwei Fäkalientänke und eine zusätzliche Servicebatterie. Weiter wurde ein fester Abliefertermin und die Zahlungsbedingungen vereinbart. Die Werft verlangte eine A Contozahlung von 30% des Kaufpreises bei Bestellung und weitere Abschlagszahlungen bis 90% des Kaufpreises bis zur Wasserung und den Restbetrag bei Ablieferung. Damit war ich unter der Bedingungen einverstanden, dass die Zahlungen mit Bankgarantie abgesichert wurden und die letzte Zahlung nach Uebernahme zu leisten sei. Dies schien mir wichtig, obwohl mir Vorhaltungen gemacht wurden ich sei kompliziert, das hätte man noch nie gemacht da die Kunden die normalen Kaufbedingungen akzeptieren würden. Mitte Dezember wurde der Vertrag von beiden Seiten unterzeichnet.

Nachdem die Anzahlung in Höhe von 30% des Kaufpreises geleistet war, traf als nächste Nachricht ein Fax der Werft ein indem mit mitgeteilt wurde, dass der Kat nicht wie vereinbart gebaut werden könne. Nach weiteren Verhandlungen wurde eine Lösung gefunden und der endgültige Liefertermin auf den 30. April festgelegt.

Im Verlaufe des Monats April erhielt ich Mitteilung, dass der Liefertermin um ein paar Tage auf den 8. Mai verschoben werden müsse. Die Werft machte geltend, dass verschiedene Bauteile, die sie bei Zulieferfirmen geordert habe, nicht rechtzeitig eingetroffen seien . Da ich solches schon früher bei anderen Werften erlebt hatte, war ich nicht weiter beunruhigt. Mit einer Verzögerung hatte ich gerechnet. Der verbleibende Zeitraum bis zum Auslaufen, das auf Mitte Juni geplant war, schien immer noch genügend.

In den ersten Maitagen fuhr ich zur Werft, um die Vollendung der Arbeiten und die Wasserung mit zu erleben.. Am 4. Mai konnte ich das Boot mit dem Werftvertreter besichtigen. Bei der Gelegenheit wurde mir mitgeteilt, dass die Wasserung nun definitiv am 10. Mai erfolgen würde. Auf Grund des Baustandes schien mir dies aber unrealistisch. Trotzdem wurde das Boot am 11. Mai gewassert und die Fertigstellung der Arbeiten für die nächsten Tage versprochen. Von dem Zeitpunkt an hatte ich ernstlich Befürchtungen, ob das denn auch gut herauskomme. Das Boot war am Liegeplatz rund 7 km von der Werft entfernt, natürlich im Freien. Für Aussenarbeiten musste von da an auch auf die Witterung Rücksicht genommen werden.

Ich hatte verlangt, dass das Boot vor der Wasserung gewogen würde. Zu meinem Erstaunen wurde das Gewicht mit 10.300 kg, anstelle von 7.800 kg wie im Beschrieb, festgestellt. Ebenso stellte sich heraus, dass die Breite über Alles ein Mehrmass von15 cm aufwies. Die rund 2,5t Mehrgewicht machten mir Sorgen. Nach CE Regelung muss ein Katamaran für Fahrtgebiet A (Hochseefahrt) unsinkbar sein und zwar inkl. der maximalen Zuladung. Für diesen Kat war die maximale Zuladung mit rund 2,7 t im Zertifikat ausgewiesen, es wären also nur noch 200 kg Zuladung geblieben. Ich verlangte daher Einsicht in die Berechnungen und musste feststellen, dass diese einen Fehler aufwiesen. Dadurch war das Boot nicht wie vorgeschrieben unsinkbar, sondern um diese Forderung zu erfüllen mussten noch 3,5m3 Rauminhalt zusätzlich ausgeschäumt werden. Inzwischen hatte ich, ohne das Boot überhaupt bewegt zu haben eine, leider mehrseitige, Mängelliste erstellen müssen. Aus der hier nur zwei weitere Beispiele zitiert werden sollen:

Ruderanlage/Elektroinstallation: Flanschen am Gestänge der Ruderanlage schamfilen am Hauptkabelbaum. Folge: schon nach kurzer Fahrt wäre es, bei einer Batteriekapazität von 480 A/h, zu einem fatalen Kurzschluss und möglichen Brand gekommen.

Schmutzwassertänke: statt der vereinbarten geruchsdichten Schläuche waren normale Trinkwasserschläuche (aus gewebeverstärktem PVC) eingebaut worden.

Die Werft versprach Nachbesserung bis Ende Mai. Die Abnahme wurde auf Anfang Juni festgelegt. Als ich wieder zum Boot kam, musste ich feststellen, dass nur Weniges nachgebessert worden und durch unsorgfältiges Arbeiten Beschädigungen vorhanden waren. Nun versuchte die Werft, mich abzuwimmeln, bis ich schliesslich die Geduld verlor und der Bank mitteilte, dass ich die Bankgarantie in Anspruch nehmen wolle. Jetzt war Feuer im Dach. In einer Besprechung mit der Geschäftsleitung und dem Anwalt der Werft einigten wir uns auf den Beizug eines Experten. Der Bericht des Experten bestätigte praktisch vollumfänglich die von mir festgestellten Mängel. Hierauf einigten wir uns auf die Stornierung des Kaufvertrages, die Rückzahlung des Kaufpreises und die Entschädigung weiterer, von mir im Hinblick auf die Inbetriebsetzung des Bootes gemachten, Investitionen.

So hatte ich zwar kein neues Boot, der ganze Zeitaufwand war für die Katz gewesen. Aber ich hatte mein Geld wieder und musste nicht ein Boot übernehmen, das mir noch viele Sorgen verursacht hätte. Davon bin ich auf Grund des mangelhaften Bauweise überzeugt. Dass ich mich ohne Prozess und Beizug eines Anwalts aus dem Vertag lösen konnte, war möglich da

a) eine genaue Beschreibung des Bootes bzw. der zu leistenden Arbeiten vorhanden war
b) Die Zahlungen und Lieferung des Bootes mit Bankgarantie verbürgt war
c) Die Mängel tatsächlich vorhanden waren

Inzwischen habe ich bei einer anderen Werft einen Produktionskatamaran gekauft und lebe und segle seit gut drei Jahren auf meinem Boot. Aber das gibt vielleicht Stoff für einen anderen Bericht.

... ein ungenannter Seglerfreund und eine ungenannte Werft ...

PS: Ich gehe davon aus, daß dieser Bericht der Wahrheit entspricht (der Name des Verfassers ist der Redaktion bekannt). Und so frage ich mich, welcher bemitleidenswerte und unwissende Zeitgenosse die übriggebliebene Gurke gekauft hat? Othmar Karschulin

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