Dazu ein Beispiel aus der Luftfahrt: Jeder kennt die aufwendige Flügelprofil-Verstellung mit diversen Klappen und Vorflügeln beim Landen einer normalen Verkehrsmaschine. Dies ist notwendig, damit während des steilen Landeanflugwinkels, die Luftströmung nicht abreißt. Anders dagegen das Überschallflugzeug "Concorde", das bei einem ungleich steileren Anflugwinkel (bis zu 40 Grad) keinerlei Profiländerungen benötigt. Deren Deltatragfläche behält über einen ungleich größeren Winkelbereich seine Wirksamkeit, ohne daß die Strömung abreißt. Der Grund kann nur das Fehlen einer "rechtwinklig" zum Wind stehenden Windeintrittskante sein. Daher kann sich auch kein dahinter "stehender" Wirbel aufbauen, vielmehr die berühmte Turbulenzschleppe, auch "Vortex" genannt.
Kippt man jetzt die "Concord" um 90 Grad zur Seite, hat man ein Deltasegel mit einem sehr großen wirksamen Bereich, der relativ unempfindlich gegen ungenaue Anstellwinkel sprich Segelstellungen ist. Ein dickes Plus für faule Skipper. Dieser angenehme Effekt ist aber nur die halbe Miete. Die andere Hälfte sind die angesprochenen Vortex-Wirbel, die entlang beider "Anström"-Kanten eines symmetrischen Deltasegels (oben und unten) entstehen und dabei eine starke Sogwirkung entwickeln.
Diese senkrecht zur Trag-/Segelfläche stehende Vortex-Komponente kann je nach Anstellwinkel der Fläche bis zu 100 Prozent des gesamten Vortriebs ausmachen. Mit diesem "Turbolader" fährt das Deltarigg allen anderen Segel-Antriebsvarianten davon. Daraus resultieren auch die unglaublichen Feststellungen wie: "That is, the crab claw rig delivers about 90 percent more driving power than the Bermuda rig" (Zitat C.A. Marchaj). Diese Aussage basiert auf einem Vergleich eines Deltariggs mit einem Bermudarigg (nur Großsegel) bei halbem Wind. Das bei kleineren Windeinfallswinkeln das Bermuda vorne liegt, muss dazu gesagt werden.
Beim Deltasegels wird der "stationäre" Wirbel an den schräg gestellten Windeintrittskanten störungsfrei bis hinter das Segel fortgesetzt. Beim Hochsegel bewirken die "Enden" des Segels am Topp und am Unterliek Störungen im Strömungsverlauf. Dem wird bei einem modernen Segel durch einen "gekappten" Segelkopf und ausgestelltes Achterliek entgegnet.
Erst wenn der Anstellwinkel extrem überzogen wird, werden die beiden Wirbelzöpfe auf dem "Rücken" der Segelfläche so groß, daß sie sich gegenseitig stören. Dann ist auch hier Ende und die Strömung bricht zusammen.
Soweit zur kurzen und damit hoffentlich eingängigen Erklärung dieses Phänomens.
Weitere Erkenntnisse und offene Fragen aus Marchaj's Buch zum Deltasegel:
Wie sieht es aber mit der seitlichen Neigung aus. Welcher Winkel bietet die optimale Verteilung zwischen Auftriebs- und Vortriebskräften. Genauso stellt sich die Frage nach dem horizontalen Winkel. Kann, muss das Deltasegel je nach Kurs und Wind gedreht werden können?
Es wäre in höchstem Maß wünschenswert, wenn sich auch einmal eine deutsche Uni oder Fachhochschule mit dem Thema befassen würde. Hierzulande gibt es doch auch Windkanäle. Aber laßt dann die Ergebnisse nicht im "Finiten-Elemente-Dschungel" zwischen Integralen und Differentialen verschwinden. Was man bräuchte, wären handfeste Aussagen, die sich direkt in die Praxis umsetzen lassen.
Links zum Thema:
Department of Aerospace Engineering - Analysis of Delta Wing Flows
A. Filippone - Wings For All Speeds - Delta Wings
... im Originaltext:
"The development of racing yachts is undertaken arbitrary, man-made rules. This means that certain assumptions go unchallenged and that the development is very specific. One of the most obvious examples is the dominance of the marconi (bermuda) rig on all racing boats. Most people believe that this is because it is the fastest rig available. They do not realize that the racing rules are actually written to encourage the use of overlapping Jibs (genoas) and shortened mainsails (thus the modern marconi rig) and penalize the use of other types of rigs".
.. und dasselbe in deutsch:
Die Entwicklung des Yachtsports ist willkürlichen, künstlich errichteten Regeln unterworfen. Dies heißt, daß bestimmte Vorgaben unangefochten bleiben und daher die Entwicklung sehr spezifisch verläuft. Eines der offensichtlichsten Beispiele ist die Dominanz des Hochriggs (Marconi/Bermuda) auf allen Regattabooten. Die meisten Leute glauben, das käme daher, daß dieses Rigg das schnellste wäre. Sie realisieren nicht, daß dem nur die Regattaregeln zugrunde liegen, die den Einsatz von überlappenden Vorsegeln und verkleinerten Großssgeeln bevorzugen (also das 'moderne' Hochrigg) und den Einsatz von anderen Riggs bestrafen.
Vergleich der Rigg-Arten. Weitere Informationen zu den verschiedenen Riggs.