PIPEMANIA

Der Einbaum des 21. Jahrhunderts / Dugout Stem of the 21st Century download in english (PDF)

Hier die beispielhafte  Preiskalkulation eines renommierten Betriebes für PIPEMANIA-Bauteile (von 2005).

Sie wollen segeln - mit dem eigenen Boot - nicht nur an der Küste - es selbst bauen - haben weder Zeit noch Geld. Darauf gibt es jetzt eine Antwort: PIPEMANIA!

So wie der Pazifik-Insulaner vor 3-4000 Jahren seine Palmen als einzige Ressource nachdenklich betrachtetet, so stehe ich heute vor diversen Industriekomplexen mit der Überlegung: "Was schwimmt eigentlich alles, was die so produzieren?"
Der Form des Baumes, der mühsam ausgehöhlt wurde, kommt das einfache Rohr am nächsten. Lang, schmal, mit optimalem Querschnitt und in allen Größen und Längen zu haben - und bereits hohl! Wenn man sich allerdings die Enden betrachtet, wird der "Einbaumgedanke" getrübt. Wo nichts ist, kann man auch nichts hinschnitzen, einen Bug nämlich. Aber Dank globalem Bewußtsein fallen einem die Japaner, bzw. deren Origami ein: Die Kunst des Faltens.

Pipmania Prinzip

Ein Rohr abgewickelt ist ja eigentlich ein Rechteck. Also Papier und Schere geholt, mit etwas Überlegung zwei Kurven eingeschnitten. Das Ganze rund gebogen und mittels Tesafilm zusammengeklebt. So sollte sich ein wunderschöner Bug bilden. Doch wehe, der Bug wölbt sich nicht nur nach oben, sonder auch nach unten! Der mißlungene Rumpf wird solange geknittert und verformt, bis das Rätsel klar wird. Auf der Oberseite bildet sich eine Stauchzone, die die Biegung nach unten erzeugt. Für die zweite Phase taugt das Papier nicht mehr. Im nächsten Baumarkt wird ein zünftiges PVC-Rohr erstanden. Die Unterwasserlinien werden vom Papiermodell übernommen und ausgesägt. Die Versuche die "Bugteile" zusammenzubringen ergeben wieder die "Papiererfahrung", allerdings erheblich kräftiger. Aber jetzt kommt der "Geniestreich". Mittels Säge wird das widerspenstige Rumpfende oben in kurzen Abständen bis zur Mitte eingeschnitten - und siehe da, der Stauchdruck kann sich in den gesägten Spalten in Wohlgefallen auflösen. Ein schicker Bug ist entstanden. Was sich wie eine lustige Bastelanweisung liest, ist mir aber todernst. Das "Rumpfrohr" wurde kurz durch die Formelsammlung des PCs gezogen - mit interessanten Ergebnissen.

Die Rohr-Proa

Länge 10,0 Meter, Durchmesser 0,60 cm ergibt bei 3 kg Laminat/qm ein Gewicht von unter 60 kg! Verdrängung bei 18 cm Tiefgang: 700 kg!
Wird das "Rohr" mittig mit einer Tonne belastet, biegt es sich gerade 3 cm durch (angenommener E-Modul: 4000 N/mm2).
Mit diesen Angaben wird kurz eine Proa zusammengestellt und die grob kalkulierten Gewichte zusammengezählt:

Hauptrumpf10 m x 0,6 m Ø75 kg
Nebenrumpf7 m x 0,3 m Ø30 kg
3 Beams5 m x 0,15 m Ø25 kg
Rigg2 x 7 m + 5 m20 kg

Ergibt ein Roh(r)gewicht von ca. 150 kg (gespachtelt und lackiert vielleicht 160 kg oder etwas mehr).
Wird das Boot komplettiert mit "Rohrverbindern", Schwert, Rigg, Segel, etc. und ala pazifischem Vorbild des "Tepukai" mit einem Minimalaufbau zum Sitzen und Wohnen, kommen über den Daumen nochmals ca. 150 kg hinzu. Gesamtgewicht: etwas über 300 kg!! So bleiben bei der angenommenen Verdrängung bald 400 kg Zuladung übrig - genug für 2 Segler mit Zubehör für 14 Tage Sommerurlaub. Und falls es nicht reicht, erlauben 2 cm mehr Tiefgang nochmal 50 kg Zuladung. Bei dieser Kalkulation ist die Verdrängung des Ama vernachlässigt, denn der sollte ja, wann immer möglich, kaum im Wasser sein. Nichtsdestoweniger bringt er voll eingetaucht auch seine 500 kg Auftrieb. Wir haben jetzt also ein 10 Meter langes Mehrrumpfboot fertiggestellt, dessen Einzelteile ein Mann alleine wegtragen kann. Auf- und Abbau dürften somit kein Problem darstellen. Folgende Vision überkommt mich: "Man fährt a den Strand, löst die Laschings der Verbindungen und damit das Boot damit in seine Bestandteile auf. Dann holt man sich einfach die Teile aus dem Wasser und legt sie auf den Trailer oder trägt sie zum Landliegeplatz."

Doch nochmal zurück zu den Ressourcen. Rohr ist nicht gleich Rohr. Zur oben beschriebenen Verformung darf es anfangs nicht zu stabil sein. Im Idealfall hat es nur die Festigkeit, die es zur eigenen Formerhaltung benötigt. So ist es leicht zu verarbeiten und kann anschließend entsprechend auflaminiert werden. Sollte es nicht möglich sein, industrielle Produkte einzusetzen, muß man sich eben selbst ein Rohr machen. Die Ideen dazu reichen vom "Plattenbiegen" bis zur aufgeblasenen, überlaminierten "Plastikwurst". Ein wichtiger Aspekt von PIPEMANIA ist es, keine unnötigen Arbeiten und Materialien für eine "Helling" zu benötigen. 2-3 Lagerböcke oder ein gespanntes Drahtseil sollten genügen.

Für die Verbindung Rumpf - Aka - Ama kann sich jeder ausdenken, was er will, bzw. welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

Es kann von auflaminierten Schaumstoffblöcken reichen, bis hin zu Sperrholz-Stützen, die am Rohr anlaminiert sind oder auch im Rohr versenkt werden können. Prinzipientreuer wäre es natürlich, eine Art T-Rohr in den Rumpf zu integrieren, in den die Akas nur eingesteckt werden, wie ein Ast, der aus dem Baum wächst. Zusammengehalten würde die Steckverbindung durch das Trampolin oder andernfalls durch simple Laschings.

Eine etwas "organischere" Verbindung zweier Rohre mit unterschiedlichem Durchmesser ist mir noch eingefallen:


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Das Rigg

Damit ist PIPEMANIA aber noch nicht am Ende. Schließlich soll ja auch gesegelt werden. Also kurz die Segelfäche kalkuliert: Verdrängung 0,7 t ergibt bei gewünschten 30qm/t ca. 20 qm Segelfäche. Damit ist das Boot vielleicht etwas untertakelt, dafür kann aber auch bei mehr Wind gepowert werden. Zudem liegt mit seinem gleichschenkligen Deltasegel der Segeldruckpunkt nur etwa 3 m über dem Wasser. Und wem es nicht recht, der nimmt sich halt 10 qm mehr. Damit das auch alles klappt, wird das ganze Rigg flexibel gehalten und kann quer zum Boot sowohl nach Lee als auch nach Luv gekippt werden. Die ganze Mechanik steckt im luvseitigen Stützmast, der als Teleskoprohr ausgeführt wird.

Damit können mehrere Aspekte erreicht werden:

Ganz tricky könnte bei diesem Prinzip eine Gummi- oder Federdämpfung eingesetzt werden, damit das Rigg selbständig auf den Wind reagieren kann. Geht man davon aus, daß eine Proa ca. 30 Grad krängen kann und das Rigg nochmals 30 Grad nachgibt, hat man keine 10 Prozent des ursprünglichen Winddrucks mehr im Rigg. Das Boot verhält sich, wenn man will, beinahe analog einem Mono. Natürlich sind auch andere Riggs möglich. Wer von Anfang an mehrere "Stützpunkte" im Rumpf plant, bzw. verstärkt, kann auch mal ein 2-mastiges Rigg aufstellen. Es wird ja kein Innenraum gestört. So kann die Pipemania als preiswerte Experimental-Plattform dienen, von Bolger über Gibbons bis zum Aero-Rigg. Bei dem extremen Leichtgewicht des Bootes kommt auch das eigene "Menschengewicht" wieder zum Ausreiten zur Geltung, bis hin zum Trapezeinsatz mit Stand auf dem Ama.

Die Steuerung

Die Steuerung auf dem offenen Wasser kann ala Windsurfer durch Verschieben des Segels über dem zentral angebrachten Schwert erfolgen. Somit sind Ruder als bremsender und anfälliger Bestandteil eliminiert. Gesteuert wird über ein Steuerrad, das über einen Seilzug z.B. den Mastfall verändert oder das Segel in Längsrichtung verschiebt.

Für Hafenmanöver kann ein Steuerpaddel eingehängt werden, wie auch das ganze Boot bei nicht zu hohen Windstärken gepaddelt wird (Motor überflüssig). Das ganze Rigg wird dann, wie auch bei Sturm, kurzerhand flachgelegt.

Ein mehr hightech-orientierte Lösung wäre ein Doppelruder. Hierbei drehen sich zwei Ruder gegenläufig in Zylindern. Dadurch ist es möglich die Eintauchtiefe beliebig zu verstellen oder die Ruder ganz aus dem Wasser zu nehmen. Zusätzlich erfolgt die Steuerung über einen Seilzug, der zu einem (auch senkrecht stehendem) Steuerrad führt. Werden beide Ruder getrennt angesprochen wäre ein sehr feiner Trimm möglich, wobei das Bugruder zur Reduzierung der Abtrift eingesetzt würde.
Variante: Das Push-Pull-Ruder mit symmetrischen Ruderblättern nach einer Idee von Dieter Schulz.

Die Fahrtenproa

Wie die Geschichte zeigt, kann unter Verzeicht auf das Bewohnen des Rumpfes ein völlig anderes Segelerlebnis stattfinden. Wer mehr Platz benötigt, muß nur das Konzept vergrößern. Mit wachsendem Durchmesser steigt auch die Stabilität des Rohres bei relativ geringerem Zuwachs der Wandstärke. D.h. je größer die PIPEMANIA desto besser das Gewichtsverhältnis.

Ab 12 m Rohrlänge kann die Kabine bereits Sitzhöhe aufweisen und einen Lebensraum bieten, der auch längere Fahrten erlaubt. Ab 15 m sollte auch das Befahren der Weltmeere kein Problem darstellen. Zum Beispiel zum Besuch im Pazifik - mit dem Einbaum des 21. Jahrhunderts.
PIPEMANIA 12 M PDF-Grafik zum Download

Othmar Karschulin


Das könnte PIPEMANIA kosten

Die annähernde Preiskalkulation (noch aus der DM-Zeit) eines bekannten kunststoffverarbeitenden Betriebes mit Bootswerft für die Grundbausteine von PIPEMANIA lautete (alle Teile in GFK mit gutem Finish, in DM):

10 m Hauptrumpf10.000.-
7 m Ama4.000.-
3 Beams 5 m2.000.-
Schwert, -Kasten3.500.-
Kabine4.500.-
Werftkosten24.000.-

Dazu kommen natürlich wie immer die unwägbare Kosten wie (grob geschätzte Preise):

Lateiner-Rigg (20 qm) mit Masten, Segel
und stehendem/laufendem Gut
3.000.-
Beamauflagen, Befestigungen1.500.-
Beschläge, Anker (nur das Notwendigste) 1.500.-
Innenausstattung Kabine (sparsam bis karg) 500.-
Das Sonstige: 5 PS Außenborder, Trampolin,
Leinen, Fender, Paddel, etc. etc.
2.500.-
Eigenkosten9.000.-

Gesamtpreis DM 33.000

Auch wenn Schätzungen (wie immer) meist zu niedrig liegen, ist es doch erstaunlich mit welch relativ geringem Aufwand eine 10m lange (Fahrten-) Proa auf díe Rümpfe zu stellen ist. Der nächste Schritt ist die Vergrößerung auf 12-13 m, um eine schon brauchbare "Wohnqualität" in der Kabine zu erreichen (siehe Grafik unten). Die Krönung des Ganzen wäre eine mittige Demontage des Hauptrumpfes in zwei Transport-Teile, so daß die Ama-Länge von z.B. 6 m die Trailerlänge für eine 12 m Proa ist!



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