Die Ballade von Zypern

von Gertraud Filgis.

Im Spätherbst 2000 umrunden wir mit unserer Antigua Fun Too das Kap Anamur, den südl. Teil der Türkei. Nach diesem Kap ist das Hilfsschiff von Ärzten ohne Grenzen benannt. Über den hohen Gipfeln des Taurus hängen dunkle Regenwolken. Bis hierher war es stundenlang ein schönes Segeln gewesen. Doch wie so viele Kaps hat auch diese Felsnase eine Überraschung parat. Nach der Rundung kurze steile Wellen vom Gegenwind von 25 kn. Da bleibt nicht viel Muße, die Ruinenstadt Anamurium am geschützten Berghang und 5 sm weiter das imposante Castell direkt am Meer zu bewundern. Mit Motorunterstützung hackt sich der Kat vorwärts und nach weiteren 2 Std. kommen wir hinter der schützenden Kaimauer von Bozyazi vor Anker endlich zur Ruhe. Es ist arg kühl geworden und schon um l7.30 wird es dunkel.Von Marmaris aus ließen wir uns im Oktober gen Osten treiben. Wir haben Zeit, bei starkem Gegenwind wird gewartet. Bei günstigem Wind muß man aber fast immer trotzdem einige Meilen unter Maschine in kauf nehmen, will man Distanz machen. Der Grund ist, dass der Wind nicht vor ll-13 Uhr kommt und vorher wird nicht abgefahren und um l7 Uhr ist es bereits dunkel. Mit dem Verschwinden der Sonne hinter den hohen Taurusgipfeln schläft auch der Thermikwind ein. Einen eingefleischten Segler nervt so etwas sehr, seine weibliche Crew nicht. Motorgebrumme bedeutet für sie Meilen machen. Es wird beidseits Toleranz geübt. Wir üben viel. Denn wo liegt das Problem, nachts anzukommen? Eben! Ein Engländer in Gibraltar hat es mal auf den Punkt gebracht:"sailing in the med is motoring between the gales", bevor er zu den Azoren auslief.

In dieser beschaulichen Zeit haben wir so unsere kleinen Erlebnisse.Dazu gehört z.B. das Feilschen auf den Bauernmärkten. Hat mein Kapitän Obst, Nüsse oder Gemüse, welche er viele kilosweise ersteht, je um einiges runtergehandelt, ist für ihn die Welt in Ordnung. Und manch Bäuerlein lacht sich ins Fäustchen, weil es trotzdem ein sehr lohnendes Geschäft getätigt hat. Die Verständigung geht prima. Sucht der Kapitän Ziegenkäse, meckert er die silberzahnlächelnde Bäurin an und schickt ein Fragezeichen hinterher. Die Frau antwortet, in dem sie zwei Zeigefinger abstehend an die Stirn hält und zurück muht. Völkerverständigung ala Fun Too. In den Stadtbasaren ist der Verkauf in vollem Gange von Goldschmuck, Teppichen, Lederjacken und getürkten Lacostahemden, Levijeans oder Jooptaschen. Die Händler schieben Sonntagsschicht und verhökern ihre Waren mit Gefeilsche.

In einem größeren Hafen ertönt wie zur Begrüßung abends von 5 verschiedenen Minaretts aus den Lautsprechern je der Singsang der Muezzime, fast gleichzeitig und selbstverständlich mit diversen Texten. Auf Fun Too fällt der Satz "Heute plärrn sie wieder wie die Jochgeier". Ob man will oder nicht, da muss man durch. In den Straßencafes genießen wir in großen Gläsern blauroten Saft aus frischgepreßten Granatäpfeln, welche gerade reif sind.Reinste Vitaminstöße. Und in der Lagune von Kekova werden wir beim Einlaufen von den Wirten Hassan und Ibrahim an deren abenteuerlichen Holzstegen mit handtuchgroßer Nationalflagge winkend begrüßt. An der Kekova Insel Innenseite gibts Erlebnissegeln, denn vom Erdbeben liegen Hausmauern und Treppen dekorativ im Wasser. An div. Berghängen in der Nähe besichtigen wir die Felsengräber und Steinsarkophage der Lykier, einem Volk der Antike.

In den Marinas Finike und Kemer haben sich die Überwinterer bereits häuslich niedergelassen mit neu erstandenen TV-Apparaten, Landausflügen und Gymnastikkursen. Bis l8 Uhr gibts Effesbier zum halben Preis zur happy hour im Hafenrestaurant. Nach jeweils ein paar Tagen Aufenthalt zieht Fun Too weiter. Die Marina Antalya liegt weit vom Schuß und die Küste, genannt die Türkische Riviera, verunstalten Schlafsilos en mass. Dann Side mit Apollotempel und großer Ausgrabungsstätte und kleinem Haven sowie Alanya mit neuem Wellenbrecher. Je weiter gen Osten wir gelangen, desto öfters regnet es. Kleine Lichtblicke sind ab und zu ein Restaurantbesuch. Für ein Menü schleppt der Kellner einen Berg kleiner Tellerchen an, gefüllt mit milden oder scharfen Appetithäppchen. Ein andermal liegt an einem Dorfkai ein deutsches Segelboot, mit dem wir netten Kontakt bekommen. Hier ist schon die imaginäre Grenze zu Kurdistan spürbar. Am Kai entlang spazieren 3 alte Dorfbewohner, Käppi auf dem Kopf, Vollbart im Gesicht und Hosen, die aussehen wie Reithosen, deren Zwickel sich aber etwa in Wadenhöhe befinden. So können sie im landesüblichen Schneidersitz bequem Platz nehmen. Wir Seglerfrauen betrachten diese fremde Augenweide. So etwas regt natürlich die weibliche Phantasie an und Vergleiche mit dem Schottenkilt sowie Vermutungen dahingehend: haben sie nun oder haben sie nicht? Fragen über Fragen, die unbeantwortet bleiben. In den Städten hingegen ist es anders, sogar die meiste Weiblichkeit ist westlich-modern gekleidet. Außerhalb der lukrativen Touristencentren, in den Dörfern, herrscht islamischer Alltag, wo Frauen in Pluderhosen und Kopftüchern die Arbeit verrichten, während in kargmöblierten, rauchigen Teestuben die Männer Backgammon spielen, von der Sonne verwöhnt, vom Leben gezeichnet. Die Apartheit der Gesellschaft wird da konsequent eingehalten. Inshalla!

Nun also sind wir in Bozyazi, Kap Anamur. Per Dolmus, dem Taxi des kleinen Mannes, gelangen wir nach Anamurium, der antiken Ruinenstadt am Berghang. Beeindruckend! In der neuzeitlichen Stadt Anamur gehen wir wieder einmal in das türkische Erlebnisbad"Hamam". Geschrubbt und schwitzend ruhen wir, in Tücher eingewickelt wie Mumien, auf Liegen, relaxen und fühlen uns bald porentief rein erhohlt. An der Kaimauer unseres Hafens fristet Kapitän Mohammed, der Ägypter, seit 7 Jahren sein Leben auf einer italienischen Motor-Luxusyacht namens Sunrise. Der Zoll hat sie an die Kette gelegt, doch das wäre eine Geschichte für sich. Abends werden wir von einigen Norwegern auf ein Bier eingeladen. Sie montieren fußballfeldgroße "Luftmatratzen".Mittels Spezialschiff werden diese mit Trinkwasser gefüllten Behälter 100 km nach Nord-Zypern bugsiert, wo in der Enklave der türkischen Soldaten Trinkwassermangel herrscht, wenn die Griechen den Wasserhahn zudrehen. Da Süßwasser leichter ist als Salzwasser, schwimmen diese dick gefüllten Gummikissen beim Transport obenauf.

In zwei Etappen segeln wir weiter, und ankern in meist für das Militär gebauten ,unbefeuerten Häfen. Am Ufer viele km entlang dehnen sich Gewächshäuser voller Gemüse, Obstplantagen und Bananenterrassen, bereit, den Markt der EU aufzumischen.

Der November neigt sich dem Ende zu. Das regnerische Wetter überwiegt, abends und nachts läuft die Dieselheizung. Seit ein paar Tagen schon ankern wir in Tasucu, einem unruhigen Hafen Ostanatoliens. Bis zu 5 Fähren laufen, über 24 Std. verteilt, Tag und Nacht aus oder ein. Gewaltige Gewitter mit anhaltenden Böen fauchen das Boot zur Seite, welches dann stark an der Ankerkette hin und her schwingt und fibrierend abstoppt. Dies zwingt uns öfters zum Umankern. Die geschützteste Ecke ist schon von Fischern überbelegt. Die umliegenden Berggipfel deckt bereits Neuschnee. Ich träume von einer ruhigen, sicheren Marina. Die Luftfeuchtigkeit läßt aufgehängte Wäschestücke trotz Sonnenscheins nicht trocknen. Manchmal rauben graue Regenschleier fast die Sicht. Das alles schlägt recht unbehaglich aufs Gemüt. Das Kräftemessen mit der Natur im Dezember hat`s für Fahrtensegler auch hier im östl. Mittelmeer ganz schön in sich. Kaum ist ein Unwetter abgezogen, künden langgezogene Wolken wie Finger neuen Wetterumschlag an. Es ist ein Vorgeschmack, wie sich das Wetter weiter entwickeln wird. Wir wollen mit Fun Too die kommenden Wintermonate in Larnaca auf Zypern verbringen. Einige Segelfreunde haben uns diese Alternative sehr empfohlen mit Schwerpunkt warmes, trockenes Wetter. Nach vier Schlechtwettertagen schiebt sich bei uns immer wieder ein ruhiger Tag dazwischen. Diesen Rhythmus wollen wir nutzen, um überzusetzen, haben aber die Rechnung ohne die Ausklarierungsbehörde gemacht.Das dauert und dauert. Mal ist dieses Büpro nicht besetzt, mal jener Arzt nicht erreichbar. Alles verzögert sich schließlich auf den nächsten Tag. Abends zheigt der Himmel schon wieder ein ungutes Wolkenmuster an. Trotzdem,morgens um 06 Uhr, am 1. Advent, laufen wir noch bei Dunkelheit aus und motoren mit Sicherheitsabstand die 12 km lange Sandbank des Flußdeltas entlang, die im Meer nur zu ahnen ist. Dann erst können wir die Ostecke Zyperns anliegen. In diesem Fluß oben ertrank einst König Barbarossa.Gegen 08 Uhr erleben wir den allerschönsten Somnnenaufgang unseres Lebens. Ein blutroter Feuerball entsteigt dem Meer im Osten. Der Himmel scheint zu brennen, taucht das Meer rundum in flammendes Rot. Grandios!!, unvergeßlich. Später dann Wellen und die Weite ohne Horizont. Als SE-Wind aufkommt, marschiert Fun Too flott hoch am Wind gen Süden.Langsam wird es wärmer. Aber dort, wo die Insdel liegen soo, hängen schwarze Wolken, kein gutes Ohmen.

Was wissen wir von Zypern? Caprus-Kupfer-Cyprus-Zypern.Zwischen Rhodos und der syrischen Küste gelegen, ist sie eine seit Jahrtausenden begehrte Insel.2000 v.Chr. gab es schon Handel mit Kleinasien. Es siedelten die Phönizier, Assyrer, Ägypter und Perser. Alexander der Große mischte auch mit. Es kamen die Römer und diese wurden von den Byzantinern abgelöst. Richard Löwenherz ließ sich hier trauen auf seinem Kreuzzug nach Jerusalem. Es regierten die Venezianer und die Osmanen. Das hört sich alles so nüchtern an, war aber immer mit Blutvergießen und Unterdrückung verbunden. Die Insel wurde erobert, kolonisiert, verschenkt, verkauft. Bis 1914 verwalteten die Engländer die Insel und bis 1960 wird sie britische Kolonie. 1960 erreicht Zypern die Unabhängigkeit mit griechischem Präsidenten und türkischem Vizepräsidenten. 1974 will die griechische Militärjunta die Insel an sich reißen. Die Türken reagieren umgehend und besetzen den nördlichen Teil. Seitdem ist die Insel und deren Hauptstadt Nicosia/Lefcosa geteilt. 2 Völker leben hier, im Süden die Griechen, im Norden die Türken. Dies hat auch für uns jetzt unmittelbare Folgen. Rechtlich gesehen ist Nordzypern nicht diplomatisch anerkannt. Wer diesen Teil besucht, darf Südzypern nicht mehr betreten. Tut er dies trotzdem, muß er mit einer hohen Geldbuße rechnen. Daher halten wir Kurs auf Kap Andreas, um im Osten die Insel zu umrunden und bis Kap Greco durchzusegeln. Am Vormittag werden die Konturen der an dieser Seite niedrigen Insel sichtbar. Kurz darauf dreht der Wind mit der Sonne auf Süd und erreicht die Stärke von 6 Bft., also aus der falschen Richtung. Es ist halt das übliche Roulett, wir haben gesetzt und verloren. An Wind mangelt es auch nicht. Wir blättern im Handbuch, messen mit Zirkel und Dreieck und beschließen, im verbotenen Nordteil Schutz zu suchen und fallen ab. Zwei Kleinwale tauchen auf und ein im Landschutz ankernder Frachter wird im Glas sichtbar. So falsch kann also unsere Entscheidung nicht sein. Eine winzige Insel, wie ein Riff der Bucht vorgelagert, ist unser Ziel. Nach 8 Stunden und 55 sm fällt um 14 Uhr in der Bucht Eksara im ruhigen Wasser der Anker. In der schaukelnden Dünung halten wir mit sattem Magen Mittagsschlaf.

Am nächsten Morgen ist der Himmel zugezogen mit dunklen Wolken und das Meer ist immer noch weiß. Um 07 Uhr fahren wir los ,weil auf den Wetterbericht wie so oft kein verlass ist, und bolzen mit beiden Maschinen die 5 sm gegen die 20 kn Wind und Wellen richtung Kap Andreas, bevor es noch dicker kommt. Dem Kap sind einige östl. gelegene Inseln vorgelagert. Die Durchfahrt dazwischen ist aber bei dem Wetter unmöglich. Riffe verbinden alle Inseln. Fun Too kämpft schwer. Von 2000 m Tiefe steilen sich die Wassermassen auf bis nur noch 50 m Inselsockel auf. Grüngläserne Wasserwände ringsum und kein Ende. Der uns räumlich weit versetzende Seegang wächst immer mehr, dabei halten wir nichts von Superlativen. Endlich glauben wir, es wagen zu dürfen und drehenb ab. Endlich, endlich wandert das Feuer aus, wirklich schon zu nahe und Fun Too kommt weiter, die Reffs werden ausgeschüttet, die Motoren verstummen und Fun Too rauscht mit den Wellen so um die 9 kn davon. Die Aktion ora et labora, arbeite und bete, ist beendet.Das Leben kann ganz schön spannend sein. Der Ankerplatz des Klosters, den wir eigentlich für die letzte Nacht evtl. ausersehen hatten, ist weiß voller hoher anrollender Gischtwellen, wie wir durchs Glas feststellen. Die hohen Wellen verursachen bei mir Übelkeit, Seekrankheit, zum Erstenmal seit vielen Jahren. Der Wind dreht wieder mehr südlich und kommt vom Tief, das über Sinai-Rotes Meer hängt und ist angenehm warm. Eine dünne gelbe Staubschicht bedeckt die einst weißpolierte Fun Too.

Am Nachmittag sehen wir die wie winzige Punkte an Steuerbord auf Reede liegenden Tanker und Frachter vor Farmagusta, für uns verbotenes Territorium. Nach 65 sm ist Kap Greco erreichgt und umrundet. Und wieder eine Überraschung: es tut sich eine tiefe Bucht auf mit spiegelglattem Wasser. Nichts wie hinein. Sofort hört die Berg und Talfahrt auf. Im Türkis des Wassers über 4 m Sand fällt der Anker. Geschafft. Denkste!! Die Ankerkette hat sich noch nicht gestreckt, da ertönt ohrenbetäubender Lärm und Rotorblätterwind trübt das Wasser. Wo kommt denn innerhalb 4 Minuten der Hubschrauber her? Dann stimmt es doch, daß wir Segler im Grenzbereich von den Griechen immer unter Kontrolle stehen und sogar fotografiert werden sollen. Die Beamten deuten was von VHF, wir stellen uns dumm und winken zurück. Wir wollen etwas essen, doch neues Ungemach droht. Denn wieder 5 Min. später düst ein Polizeiboot um die Ecke und hält gezielt auf uns zu. Im eingeschalteten VHF knackta es, dann kommt auf englisch der Befehl, wir müßten hier weg. Mein Kapitän sagt, wir kämen ordnungsgemäß direkt vom türkischen Festland und wollen nur in Ruhe schlafen. "No Sir" "o yes Sir, because wir sind seit Tasucu unterwegs, ausgeblasen, hungrig, müde und die Frau liegt mit grauem Gesich da und ist seekrank. Das geht nicht, Sie müssen zuerst nach Larnaca zum Einklarieren, hier so zu ankern ist illegal. Wir haben unsere Gesetze." "Sorry, aber auch die Natur hat Gesetze, wir bleiben wo wir sind." Doch damit sind noch nicht alle Hürden beseitigt. Inzwischen werden am Polizeiboot Fender angebracht, sie kommen längsseits und stemmen lässig mit dem Fuß den nötigen Abstand zu unserem Boot ab, bis sie festgemacht haben und das ganze Wortspiel beginnt von vorne.Wir machen ihnen klar, daß es gleich dunkel wird, es bis Larnaca noch 22 sm sind, und dazu hoher Seegang herrscht und das tun wir uns jetzt nicht mehr an. Die menschliche Kommunikation läuft auf vollen Touren. Sie merken, daß es uns ernst ist. Langes Nachdenken, Schweigen, Kopfkratzen. Das Wunder geschieht ganz plötzlich. Der Beamte strahlt uns an. "Sir, I suppose you got an enginproblem?" Der Käpten bekräftigt dies umgehend, mit seiner Vermutung läge er völlig richtig. Die Ausrede wird uns in den Mund gelegt. Daraufhin sagt der Kommander, nun hätte er ein Argument für seine Protokolleintragung. Gibt uns die Hand, wünscht eine gute Nacht und daß in der Früh alle unsere Maschinenprobleme behoben sein mögen. Dann verschwinden ihre Posotionslichter in der Nacht.Ach ja, die Welt will betrogen sein. Andererseits muß man sie verstehen. Erst vor 4 Tagen kam illegal ein Boot mit 7 Libanesen in eben diese Bucht. Pro Nase wurde den Schleppern 1000 US Dollar bezahlt. Die einhüllende Nacht umfängt Fun Too. Wir schlafen auch illegal sehr gut.

In Larnaca eröffnet man uns, daß es nur noch Landliegeplätze gibt. Ein paar Tage werden wir aber auf einem Reserveplatz geduldet. Der große, halb leere Ind.-Hafen ist für durchreisende Segler auch gesperre. Was haben hier die Yachten mit den Autos gemeinsam? Parkplatzprobleme! Wir treffen ein paar Bekannte, gehen mit ihnen zum Essen, zum Stadtbummel. Viel Touristennepp und alles verry british. - Sämtliche Reservekanister werden mit Diesel gefüllt, der Liter zu 68 Pfennigen., dann fahren wir auf Verlangen nach 4 Tagen Marinaleben raus ins Ungewisse. Ich bin moralisch etwas angeschlagen, der Traum vom Winterlager ist geplatzt und wir schreiben schon den 8. Dezember. Die Frage ist, wohin sollen wir fahren. Es ist Mittagszeit, der Ostwind weht mit schönen 4 Bft. Nur die Wettervorhersage sieht leider sehr schlecht aus und aus SE schieben sich dunkle, ja fast schwarze Wolken heran. Das sieht gar nicht gut aus. "Wohin?" "Ja, gute Frage.Jetzt ziehen wir mal die Segel hoch, dann schaun ma amal." Der Himmel verfinstert sich immer schneller, das Schwarz wird immer kompakter, drohender, der Wind frischt auf. Unsere Destination sind Industrieschornsteine. "Schau, Vasilikos, da ist eine Mole eingezeichnet." Dort finden wir einen kleinen Verladekaj vor. Vom einzigen Frachter, der Platz hat, wird Kohle ausgeladen. Der geschützte Platz zum Ankern ist gering, überall hängen kleinste Fischerkähne. Außer dem Kajgebiet ist alles voller Schwemmsand vom flachen Flußdelta, welches diesen Hafen ausmacht. Der Schlickgrund hat immer wieder etwas gegen unseren Anker und hält schlecht. Um 16 Uhr tritt ägyptische Finsternis ein. Das Barometer fällt und fällt und zeigt dann nichts mehr an, fällt also aus, leuchtet aber warnend rot. Die Atmosphäre ist geladen wie beim Monsun in Indien und wir sehen uns bange an. Da haben wir uns eine äußerst ungemütliche Gegend ausgesucht. Durch meine Operationen recht wetterfühlig, bekomme ich in den Narbengegenden arge Schmerzen, der Kopf glüht vor Fieber. Wir lassen noch mal 3 m Leine raus, mehr Platz ist nicht drinn und harren der Dinge, die da kommen sollen. Und sie kommen!! Dann bricht es los. Für die kommende Nacht, den nächsten Tag und noch eine Nacht gibt der Himmel her, alles was er hat. Erschreckend lange Blitze, das Krachen der zerreißenden Luft, Donner, Hagel, Sintflut, Sturmböen mit Orkanstärke. Selbst in diesem kleinen Becken sind die Konturen der Kajmauer und nebenan liegender Kähne für die Zeit intensivster Wolkenbrüche aufgelöst.. Das Wetter steht Kopf, die Böen fordern Material und Crew, denn alles eskaltiert. Hin und wieder wirft eine Bö einer unsichtbaren Hand gleich, Kohlenstaub und Kupfersand von Land auf Fun Too. Dieses perlige Geräusch ist nervig. Diesem Staub entrinnt keiner. Und der Morgen bringt es an den Tag. Unser armer Kat sieht schwarz aus. Mit dem Besen kehren wir Sand und Kohlenstaub zusammen und schrubben den Rest mit Salzwasser kübelweise weg. Es gibt viel Wind und wenig Schlaf. Der tiefe Schlaf kommt erst nach der zweiten Nacht mit der Morgenröte. Die Zeit des Unwetters ist vorbei. Vor Syrien gehen 2 Frachter und 1 Fähre verloren.

Das Tief ist abgezogen, wir sind wieder unterwegs. Die Sheraton-Marina, weit draußen im Irgendwo, signalisiert, sie sei voll. Also weiter.Im Fischerhafen plärrt gleich beim Einlaufen ein Lautsprecher, wir sollen verschwinden. Unfassbar!!! Von Skandinavien über den Ärmelkanal, die Biskaya, den Atlantik, dem Mittelmeer, die Donau runter, im Schwarzen Meer, Marmarameer, der Türkei, überall waren die Fischer unsere Freunde, auf sie war in Not immer Verlass. Auf Zypern-Süd nicht. Also umdrehen , raus und weiter. Für die Nacht ankern wir außerhalb des gr. Industriehafens mit seinem Verladelärm. Am nächsten Tag ist das Wetter ruhig. Doch ein Mißgeschick ganz anderer Art ist aufgetreten, bedingt durch die Temperaturunterschiede. Beide große Luken, genau über den Schlafkojen angebracht, lecken plötzlich ziemlich. Beide Luken werden ausgebaut, von Dichtungsmasse gesäubert, abgedichtet und neu verschraubt. Später ankern wir um, paddeln an Land und gehen durch die ärmliche Altstadt von Limassol. Abends kommt Wind und sehr starker Schwell auf, untrügerische Vorboten und wir fahren die 5 sm zum Militärhafen. Ein großes Schild "Prohibidid Aarea" ist nicht zu übersehen. Genau daran motoren wir vorbei, um Schutz zu erbitten. Am Landungsboot für Panzer Army L 105 machen wir fest. Es ist Wochenende, ein paar vereinzelte Soldaten spielen die berühmten Affen, sie sehen, hören und sagen nichts. Fraglos tun wir ihnen leid.,und sie begreifen, daß wir "da draußen" bei den Wetterbedingungen kein Auge zubekommen würden. Dann verschlingt uns die Nacht. Im Morgengrauen hauen wir ab, ankern wieder vor dem Ind.-Hafen, genießen die Ruhe vor dem angesagten Sturm. Bereits mittags gehts wieder los. Um Mitternacht halten wir ungeschützten Seegang, Regen und Starkwind nicht mehr aus, fahren in den Industriehafen rein und versuchen, in der Finsternis am hohen Pier an riesigen Gummireifen festzumachen. Die ganze Wetterlage klatscht uns kalt ins Gesicht. Eine ablegende Fähre verursacht riesigen Schwell. Die Wellen knallen Fun Too immerzu ruckartig und heftig an den Kai . Armes Boot. Dieser Hafen ist zu groß, als daß er uns Schutz bieten könnte. Im strömenden Regen hält ein Auto. Im Scheinwerferlicht fliegt der Regen wagrecht durch die Luft. Die Einwanderungsbehörde will uns unsere Pässe abnehmen, Fragebögen ausfüllen und außerdem sollen wir Hafengebühr bezahlen, jetzt um Mitternacht. Mein Kapitän frägt sie, während es aus Kübeln gießt, ob sie noch bei Trost sind. Wir binden los, patschnaß sind wir eh und verschwinden in die Dunkelheit. Nach einer kurzen Irrfahrt befinden wir uns zwischen 2 Riesenpötten irgendwo im Hafenbecken wieder. Die Windrichtung ist konstant und auf 15 m fällt der Anker, die Frachter geben uns guten Schutz und wir schlafen prima. Als um 8 Uhr früh die neue Schicht der Hafenpolizei heranprescht, frägt sie, woher wir kommen. Wir sagen, wir hätten gestern schon einklariert. Sie sind froh, um den Formalitätenkram zu kommen und lassen uns wegfahren. Der hohe Bergkamm neben uns leuchtet weiß vom frisch gefallenen Schnee der Nacht.

Wegen der Überwinterung bleibt uns noch eine Hoffnung und die heißt Pafos, der Hafen im Westen. Die Küste von Zypern ist karg, an der Landschaft wird durch Abbau viel Raubbau getrieben, was häßliche Narben hinterläßt. Der "Hafen" von Pafos besteht aus einer kleinen Mole unterhalb einer kleineren Burg, einige einheimische Boote liegen, fest vertäut wie in einem Spinnennetz, dahinter. Mann o Mann, wenn es da aus der falschen Richtung kachelt! Wir wollen daher nur eine Nacht hier verbringen und dann weiterfahren, so lange das Wetter noch einigermaßen mitmacht. Platz zum Ankern bleibt nur in der Hafeneinfahrtspassage, neben der Betonnung auf 1,4 m Tiefe. "Die Fischer werden uns schon sehen..." Kurz darauf ist mein Kapitän 1 Std. lang im Clinch mit 4 Mann Zoll und Polizei. Zuerst begreifen sie nicht, daß unsere Pässe nur die Stempel von Larnaca enthalten, aber nicht die ihren. Sie verstehen nicht, daß man die Insel auch entgegengesetzt umrunden kann. Als dies endlich geklärt ist, geht der Zank um die Pässe los, die sie einbehalten wollen. So was hatten wir schon befürchtet und man bleibt sich nichts schuldig. Wir wollen in 12 Stunden, also um 05 Uhr wieder losfahren, wahrscheinlich zurück in die Türkei und die hiesige Behörde kommt erst zwischen 8-9 Uhr ins Büro. Es würde somit kostbare helle, warme Tageszeit verlorengehen. Unbürokratische Gesten sind also gefragt. Da fangen auch sie wieder an mit ihren Inselgesetzen und alles eskaliert und von Toleranz keine Spur. Man verlangt ja nicht, daß ein System perfekt ist, hofft aber auf menschliche Beamte zu treffen. Da platzt meinem Kapitän total frustriert der Kragen und er sagt sehr erregt, um nicht zu sagen laut, daß sie ein Scheißsystem haben mit dem gleichzeitigen Ein- und Ausklarieren und wenn sie in die EWG wollen und an den Geldtropf, dann müssen sie sich und ihre Gesetze noch gewaltig ändern und anpassen. Diese Öffnung des Gemütsventils war längst überfällig. Denn schon das zweite Jahr werden wir Segler auf den griechischen Inseln mit einer hohen Sonderabgabe abgezockt.

Für private Boote über 7 m Länge, welche nicht mindestens 1 Jahr in Griechenland liegen, sind Verkehrsgebühren zu entrichten und zwar 2.000 Drachmen per m, bzw 15.000 Drachmen per m( = DM 86,10 per m), wenn zwischen Ein- und Ausreise mehr als 30 Tage liegen. Sie werden Fällig bei je Einreise und Festmachen, auch Ankern, im griechischen Hoheitsgebiet. Unabhängig davon sind die Gebühren für die Aufenthaltsgenehmigung (Dauer 3 Jahre) für eine "Private Pleasure Yacht Maritime Traffic Document" zu zahlen. Und Hafengebühren sowieso.Die meisten Segler aus der EU meiden daher Griechenland aus diesem Grunde. Die viel gerühmte Freiheit des Meeres kann man z.Zt. hier jedenfalls vergessen. Einfaches Inselhüpfen zwischen den politischen Gegnern geht also bei uns neutralen Seglern nicht mehr. Das ist ein krönendes Negativbeispiel. Dabei soll Europa doch zusammenwachsen. Die griechische Regierung treibt dies, trotz Seglerproteste, auf die Spitze. Wiederum ein Beweis, wie mit einer Strategie das falsche Produkt an den Mann zu bringen ist. Mit fatalen Folgen für die kleinen Restaurants und Kleinfischerfamilien. Mann soll eben keine Gans schlachten, diegoldene Eier legt.

Zuerst brüllen 4 Mann zurück und vor dem Vorgesetzten routiert man nur so. Es ist alles eine Zerreißprobe. Dann sehen sie aber ein, daß von ihnen keiner in der Früh um 5 Uhr mit unseren Pässen auf der Matte stehen wollte. Es ist wirklich alles lächerlich. Ich versuche, zwischen den Kontrahenten zu vermitteln, entschuldige mich beim Boss, wissend, von nichts kommt nichts und dabei wie ein Japaner rückwärts zur Türe gehend. Im Falle eines Falles ist Taktik wirklich alles. Sein Seitenblick ist unmißverständlich. Er bedauert mich, "so" einem Kapitän ausgeliefert zu sein. Aber die Pässe habe ich mir vorher von seinem Schreibtisch gegriffen, hellhörig geworden, daß die Lage günstig schien. Er ließ es geschehen. Draußen im Treppenhaus bekomme ich dann auch noch Schelte , weil ich nett zu "denen" war. Aber um die Pässe ist er dann doch heilfroh, mein Kapitän. Na ja, es ist der 13. Dezember.

Wir entscheiden uns, auf die Weltpolitik zu pfeifen und ins verbotene Nordzypern zu segeln. Von Fischermotoren zeitig geweckt, wollen wir gleich los. Doch der Anker hat sich unter einer dicken, straffen Bodenkette verhakt. Also, in diesem Zypern ist doch dauernd etwas los! Wir arbeiten mit Elektrowinsch, Winschkurbel, Seil und Bootshaken, bis wir im Frühnebel schwitzen.Wir schimpfen. Nicht immer, aber immer öfters. Nach 40 Min. kommen wir frei., umrunden das Nord-west-Kap Akamas ohne Probleme, fahren dann vorbei am Strand der Aphrodite. Hier soll sie dem Schaum des Meeres entstiegen sein und hierher pilgerte man in der Antike, um dem Aphroditenkult zu huldigen. Doch das nächste Problem folgt auf dem Fuß. In einem Prospekt ist ein Fischerhafen eingezeichnet: Pomos. Als wir um die Felsmnase biegen, ist die kl. Kajmauer vor uns keine 50 m lang und als wir durch die Einfahrt motoren, ist der Hafen auch schon voll. Noch in der Einfahrt fällt unser Anker, der aber nicht hält und trotzdem steht Fun Too sofort still. Beide Ruderblätter fangen Vertäuungsleinen von den kleinen Fischerbooten ein. So kommt Gerhard noch in der 3. Adventswoche zu einem salzigen Freibad. Er arbeitet lange, bis wir frei sind und vertäut für die Nacht.

Wir sind beide reif für die Insel, die uns nicht haben will. Ich komme mir vor wie Josef und Maria auf der Flucht nach Ägypten. Morgens setzen wir unsere Odyssee fort. Nach 2 stündiger Motorfahrt bringt uns der Blister mit 5 Bft. flott voran. Querab die Grenze zwischen N/S-Zypern Angeblich wird man hier irgendwo fotografiert, woher und wohin die Bootsreisen gehen. Hierher liefern die Norweger das Trinkwasser aus der Türkei. Unsere Stimmung ist gut. Bald würden wir in einem sicheren Hafen sein. Wenn nicht, trennt uns nur noch eine Tagesfahrt zurück rüber in die Türkei.

Nach 700 km Zypern rund laufen wir nachmittags im neuen Fährhafen von Girne ein. Jetzt dürfen wir mit Fun Too nicht mehr nach Sydzypern zurück. Wir werden es verschmerzen können. In diesem neuen Becken liegt die neue Marina. Der Steg ist total leer, weil gen Osten her alles offen und ungeschützt ist. Das ist was für die windlosen Sommermonate. Wir motoren rauf in den alten Stadthafen bei der Burg. Das Ambiente des Halbrundes ist anheimelnd, hat jedoch einen Fehler: der Hafenkapitän ruft, er hätte keinen Platz, doch wir sollten draußen , entlang der Burgeinfahrt, mal festmachen. Dann kommt er mit dem Mofa angefahren. Wir lassen durchblicken, ob sie hier auch so unflexibel wären wie der Süden. Aber Hallo, da kommt Leben in die Söhne Allahs. Ein Boot wird umgehängt und es gibt Platz für die 6 m breite Fun Too am Ende eines Holzsteges, neben einer deutschen Yacht. Daß wir so plötzlich von einer Minute auf die andere nun doch einen Winterplatz und keine Wettersorgen haben, hat mich so durchgestreßt, daß ich beim Ankermanöver mit der Winsch abrutsche und mit dem Gesicht schwungvoll in den Ankerkasten kippe. Die Lippe ist nicht ganz durchgebissen und die Zahnreihe wackelt auch nicht.. Dafür bildet sich eine Schnute wie bei einem Rüsseltier. Das bedeutet, Flüssigkeit per Strohhalm aufzunehmen. Na ja, ich wollte ja immer schon abnehmen.. Willkommen, endlich auf Zypern. Drei Mann helfen beim Vertäuen, es gibt genug Trinkwasser und es gibt heiße Duschen.Strom und Liegeplatz sind Verhandlungssache. Unsere Mitsegler bewundern den Endpreis, den mein in diesem Falle diplomatischer Kapitän aushandelt, noch dazu, wo wir einen Kat besitzen. Die Behörden akzeptieren, daß wir die Pässe behalten wollen. Ausgefüllte Karten statt dessen erhalten wir obendrein. Na wer sagts denn.

Der kleine Stadthafen ist randvoll, aber gemütlich, kreisrund und die Altstadt ist einen Berghang hinaufgebaut. Am Ufer entlang Hotels mit Restaurants, davor gequeme Korbsessel und Glastische. In Girne sind viele Häuser renovierungsbedürftig, denn die Mauern zerfallen, der Putz bröckelt in der Luftfeuchtigkeit. Die alles dominierende Festung ist ein riesiges Bollwerk, entstanden in der Byzantinerzeit, war Streitobjekt der Kreuzritter und als Königsburg oft letzte Zuflucht. Und dann gab es eine Zeit, in der die Mönche bis zu 3 Frauen unterhielten!

Abends zerreißt ein Böllerschuß die Luft. Es ist Ramadan, es dunkelt und ab dem Knall darf "man" essen. Gesellschaft leisten uns ein englisches, ein schwedisches und 2 deutsche Boote. Zu Weihnachten kochen und feiern wir zusammen. Zu zwei Blockflöten singen alle "Stille Nacht", während bunte Elektrokugeln von einem Zedernzweig funkeln. Am 1. Feiertag besuchen fast alle einen Gottesdienst. Wir haben Muße zum Lesen, Musizieren und lernen das Internet anzuwenden. Eines unserer Kinder mailt uns von zu Hause an" na endlich, Ihr Techniker." Per Bus fahren wir über die Berge nach Nicosia/Lefkosa. Hier also hat Richard Löwenherz residiert, die Venecianer haben eine Schutzmauer gegen die Araber gebaut. Und was hats genutzt? Es dominiert eine Kathedrale und die Kravanserei. Einst diente sie als Hotel und Warenumschlagplatz. Jetzt wird alles renoviert. Die Altstadtgäss`chen durchquert man in ein paar Minuten. Und dann gibts da noch die Trennmauer und den Grenzübertritt, der irgendwie an Palästina - Israel erinnert. Sonst dehnen sich unansehnliche Wohnsilos bis an den Horizont. Gerne fahren wir wieder zurück ins gemütliche Girne.

2 1/2 Monate bleiben wir da. Die Lebensmittel sind etwas teurer wie auf dem Festland. Der Zahnarzt nimmt für das Plombieren nur halb so viel wie in Deutschland, die eingereichte Rechnung wird von der AOK anstandslos beglichen. Eine Orangen-Zitronen-Ernte überschwemmt die Insel Diese Früchte sind spottbillig. das Hinterland als Abnehmer oder der Export fehlen und die Türkei zahlt nur schlecht. - Das Glücksspiel ist auf dem Festland verboten und hier fest in der Hand der Istanbuler Maffia. Nicht umsonst heißt Girne in der Türkei auch die Perle der Mittelmeeres. Schiffsladungsweise werden die Opfer kostenlos per Fähre angelandet und gratis in Hotels untergebracht. Sogar das Essen ist frei. Und trotzdem wirft die Sache Gewinn ab. Da wird ganz schön abgezockt. In den "normalen" Hotels herrscht gähnende Leere. Der "normale" Tourist bucht meistens Zypern Süd. Hier im Norden sind überall auf Schritt und Tritt Soldaten und Kasernen. Die militärische Präsenz ist allgegenwärtig. Die Umsiedlung brachte viel Leid mit sich, Im Norden ließen die Griechen ihr Hab und Gut zuirück, im Süden flüchteten die Türkzyprioten in den Nordteil, Häuser und Heimat verlorengebend. Einzelne Übergriffe ließen sich nicht vermeiden. Gegen eine Wiedervereinigung an sich hätten die Türkzyprioten nichts,sie könnten wirtschaftlich nur gewinnen. Allerdings müßte die Autonomie gewährleistet werden, denn niemand will wieder als Minderheit unter Griechen leben.Das bedeutet, die Türken wollen weiterhin getrennt leben, um ein weiteres Kosovo zu vermeiden. Die Angst der Erinnerung sitzt tief, sowohl im Norden als auch im Süden der Ur-Zyprioten. Im Norden ist die Industrie unterentwickelt. Die Jugend sieht beruflich keine Alternative. Viele wandern aus, studieren vorzugsweise in Amerika, bleiben dann dort. Die Versuchung ist groß, der Armut ihrer Heimat zu entfliehen. Inzwischen leben im Norden 90 % Anatolier. Die 10 % "Eingeborenen" sind die eigentlichen Verlierer, resignieren, fühlen sich wie Ausländer in der eigenen Heimat. Sogar die eigene Währung wurde ihnen genommen. Wir bezahlen mit der Türkischen Lira. Politisch und wirtschaftlich ist der Norden von der Türkei total abhängig. Z.B. dürfen die Flugzeuge nur nach und von der Türkei starten. Wollte ich also nach Laarnaca flöiegen, müßte der Umweg z.B. über Istanbul-Libanon genommen werden. Mit dem Auto wäre man, theoretisch, in gut 2 Stunden dort. Eine verrückte Welt. Der Dialog mit beiden Seiten wird durch viele Hindernisse von Griechenland und der Türkei erschwert. Die Zypernfrage, die Besserung, ist nur zu lösen durch die Integration in ein europäisches Wirtschaftssystem.

Das Wetter hier ist z.Zt. angeblich seit 100 Jahren nicht so schlecht wie diesen Winter. Es regnet öfters und nachts heizen wir durch. Tagsüber kann man stundenweise in der Badehose sitzen, aber normalerweise verträgt man einen Pullover gut.Bei 15-17 Grad und Wind kann es saukalt werden Ein paarmal droht der Wettergott mit dem Zeigefinger. Dann fegen Regenschauer über uns hinweg, der Wind peitscht das Meer, welches nur so über die Mauer spritzt und in breiten Kaskaden wie Niagarafälle runterläuft. Dann werden alle Boote miteinander vertäut, und als es losstürmt, hängt das ganze Hafenbecken mit Schlagseite im Seitenwind. Wir besuchen den Deutschen- und den Englischen Club. Der Schwedenclub besteht aus 17 Mitgliedern. Man rät uns, Fun Too zu verkaufen und uns hier niederzulassen. Doch für einen Inselkoller fühlen wir uns noch zu jung und unternehmungslustig. Alle gemeinsam haben pippi mit Katzen, welche eingefangen, abgegeben, sterilisiert und durchgefüttert werden Eine Deutsche besitzt ca 30 Katzen, so genau läßt sich die Zahl aber bei den vielen Sträunern nicht feststellen.

Am 27 Februar 2001 setzen wir mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 8,7 kn bei gutem Ostwind über in die Türkei nach Bozyazi, wo Kapt. Mohammed bald seinen inzwischen aufgelaufenen Dollarlohn für 7 1/2 Jahre Ausharrens auf der Sunrise nach deren Versteigerung erhält. Dreimaliges Beten in der Moschee haben zum Erfolg geführt. Ja, ja, Boote und Beten gehören anscheinend zusammen. In der Türkei wird Bayram gefeiert, das Gegenteil vom Ramadan. Anläßlich dieses Festes werden ca 10 Millionen Ziegen und Schafe geschlachtet. Wir werden, nach Landessitte, zum gegrillten Fleisch eingeladen. An der Küste segeln wir in Tagesetappen gen Westen zurück Abends ist es schon lange hell. In Antalya, Kemer und Finike treffen wir wieder alte Bekannte. Nach einigen Wochen des Bummelns stehen wir genau am Kap Karakaöen vorm Fethyegolf. Plötzlich und in windeseile kommt achterlich eine Nebelwand auf, holt uns ein, wird undurchdringlich, verschluckt die Umgebung. Das Weitersegeln im Nebel ist unheimlich, vom Gefühl her will man bleiben, verweilen. Wir hoffen, fremde Motorgeräusche rechtzeitig wahrzunehmen. Fun Too wird automatisch anden GPS gekoppelt, gesteuert. Die Felsen an Steuerbord dürften daher kein Problem sein.Der Spi zieht uns geisterhaft mit 6 kn durch die Watte, der Wind bleibt konstant, trotz Nebels. Klamme Kälte durchdringt unsere Knochen. Fröstelnd vergraben wir die Hände in die Jackentaschen. Fahl versteckt sich die Sonne hinter dickem Dies. Nach 40 Minuten lichtet sich träge der Nebel. Schemenhaft, dicht an der Sichtgrenze, ist das Umfeld zu ahnen, Bergkonturen tauchen undeutlich auf. Balsam für die Nerven. Die Wolke steigt hoch, bleibt am hohen Uferbergkamm hängen, teilt sich und treibt als großer Wetterfetzen weiter. Großflächige Schattenflecken ziehen über das Meer. Der GPS piepst. Spi runter, Kursänderung rein nach Fethye. Motor an. Eine prächtige Lichtgarbe dringt durch die Wolken. Der Nebel zieht "draußen" als lokale Entwicklung der Küste entlang weiter. Um uns scheint wieder die Sonne. Matt, wie ein beschlagener Spiegel, liegt das Meer, als hätte es den Spuk der letzten Stunde nicht gegeben. Am Hotelsteg hinten hat eine trinkfeste Klique überwintert. Mit insgesamt 17 Booten segeln wir mit in diverse Buchten. Beim Lagerfeuer mit Barbeque tanzen wir zu Gitarrenmusik den "Vater Abraham", bis ein starker Sturm die Boote nach ein paar Tagen zerstreut, denn jeder hat "seine" Bucht als Schutz. . Dann feiert der Engländer Frank seinen 72.ten Geburtstag auf einer Gulet. Über 50 Personen sind wir, genießen Gastfreundschaft und Bauchtänze. Als Saisonabschluß besucht uns noch der 4 jährige Enkel.

Anfang Juni, nach gut 7 Monaten, steht Fun Too in Marmaris wieder an Land, der Sonnenglut der Sommermonate ausgeliefert. Wir fliegen für 3 Monate zur Abkühlung gen Norden und werden im September wiederkommen zu neuen Abenteuern.

Siehe auch: FUN TOOs Winter in Anatolien von Traudl Filgis
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